Kultur

B. B. King: Ohne ihn gäb’s Pop-Musik so nicht

Mit ihm ist seine geliebte Gibson-Gitarre "Lucille", die er etwa bei "Rock Me, Baby" so schön singen, jaulen oder jauchzen ließ, für immer verstummt. B. B. King ist am Donnerstag in seinem Haus in Las Vegas im Alter von 89 Jahren gestorben. Und war doch längst unsterblich, wie es nur den ganz Großen vorbehalten ist.

Riley B. King stammte aus dem Mississippi-Delta und kam über den Gospel in der Kirche und ein Konzert mit T-Bone Walker als Schlüsselerlebnis – "Er war für mich der Klang des Himmels" – zum Blues. Durch einen Auftritt in der Radioshow von Sonny Boy Williamson erhielt er, der sich "Blues Boy" nannte, was zum Kürzel B. B. führte, Engagements und einen Plattenvertrag.

Einflussreich

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Vor mehr als einem halben Jahrhundert hat er den Rhythm ’n’ Blues befruchtet, die Keimzelle dessen, was später als Rock ’n’ Roll den Grundstein für die Rock- und Popmusik legen sollte.

Durch Hits wie "Three O’Clock Blues", "Woke Up This Morning" und vor allem "The Thrill Is Gone" war B. B. King schon bald bekannt, aber nur in der schwarzen Community.

Erst als der Gitarrist der Paul Butterfield Blues Band Mitte der 60er-Jahre eingestand, er kopiere nur die Licks von B. B. King, "the real monster", war das Original in der Oberliga angekommen. Und hatte Bewunderer wie Eric Clapton, John Mayall und John Lennon.

Sein Sound: Unverkennbar, weil er so unvergleichlich locker daherkommt. Sein Finger-Vibrato entwickelte er aus dem Handgelenk heraus, lang gezogene Einzeltöne wechseln mit schnellen Läufen. Er spielte kaum eine Note "straight": Das Ziehen und Dehnen oder Abreißen der Töne und subtile Verschiebungen in Rhythmik und Tonhöhe war sein oft imitiertes Markenzeichen.

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Die Gitarre – eine Frau

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Er stilisierte seine "Lucille"-Guitar zur Geliebten, einem bezaubernden und kapriziösen Geschöpf: "Wenn ich sie spiele, klingt es fast, als könne sie sprechen, und oft höre ich sie weinen", sagte King. "Manchmal scheint ein Gespräch zwischen uns zustande zu kommen. Sie kommuniziert mir mir, sie versucht mir etwas zu sagen."

Aber vor allem: King fand im Blues eine Musikform, die ihn zeitlos erscheinen lässt. Er befreite den Blues vom Image der Arme-Schlucker-Musik aus dem Schwarzen-Getto und war zur Gartenparty der britischen Queen eingeladen und im Weißen Haus. Schwedens König Carl XVI. Gustaf verlieh ihm den Polar-Musikpreis. 1987 erhielt er den Lebenswerk-Grammy. Barack Obama lud die Musiklegende 2012 mit Mick Jagger und Blues- und Rockgrößen wie Buddy Guy und Jeff Beck ins Weiße Haus ein, wo "Sweet Home Chicago" gespielt wurde – mit dem US-Präsidenten am Mikrofon.

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King beeinflusste Generationen von Gitarristen wie Albert Collins, Stevie Ray Vaughn, Jimi Hendrix, Keith Richards, Neil Young, Slash, Jack White u. a. Das Musikmagazin Rolling Stone reihte King unter den 100 größten Gitarristen aller Zeiten auf Platz drei – hinter Jimi Hendrix und Duane Allman. "Er ist zweifellos der wichtigste Künstler, den der Blues vorgebracht hat", schrieb Clapton in seiner Biografie, "außerdem der bescheidenste und aufrichtigste Mensch, den man sich vorstellen kann."

Zwei Ehen scheiterten, wohl weil er selten zu Hause war. 15 Kinder hat er angeblich gezeugt, mit 15 verschiedenen Frauen. Er sagte: "Ich hatte immer ein gutes Verhältnis zu den Müttern meiner Kinder – vorher, währenddessen und hinterher." Sein Leben war bis zuletzt eine Tournee. Mit 70 reduzierte er auf "nur noch" rund 200 Auftritte jährlich. Auf Abschied folgte Abschied – 2009 live im Wiener Konzerthaus – und noch eine "Final-Farewell-Tour".

Der King of Blues, der seit Jahren an Diabetes litt, war unverwüstlich. Fragil und gehbehindert, aber weiter sprühend vor Witz und Energie trat er noch im Herbst live in den USA auf. Jetzt zaubern nur noch seine rund 75 Alben als Vermächtnis das große Blues-Gefühl herbei.