Kultur

Auf Spurensuche in der Saison der Apokalypse

„Apokalypse – der In-Trend der Saison!“ steht auf einem Bild, das nach der Eröffnung, Schließung und Wiedereröffnung der Werkschau „Gelebt – Ingeborg Strobl“ noch immer an einer Wand im Wiener mumok lehnt, so als warte es darauf, endlich gehängt zu werden.

Man möchte das Zitat im Internet um die Welt schicken, so wie viele andere der trocken-witzigen Einzeiler („Führen Sie Ihrer Kunst wegen ein Doppelleben?“ „Kultur Pfui“, „Welche Farbe hat die Zukunft?“), die sich in den Museumsräumen wiederholt finden: Als Bilder? Als Plakate? Als Schriftstücke? Die Frage, ab wann ein Ding „Kunstwerk“ genannt werden darf, stellt sich in der Ausstellung (bis 10.1.2021) immer wieder, die 2017 verstorbene Künstlerin hat diese Grenzziehung oft bewusst im Unklaren gelassen.

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Basis der Retrospektive, an deren Planung Strobl noch selbst beteiligt war, ist eine umfassende Schenkung, die Archivalien ebenso umfasst wie „Werke“ im engeren Sinn: In den 1970er Jahren begann Strobl nach einer Ausbildung in London, Keramiken zu schaffen. Kalbshufe wurden da zu Tassen, Schweinsschädel und Hühnerknochen zu Skulpturen, denen surrealistische Abgründigkeit ebenso wenig abzusprechen ist wie ein ironischer Bezug zu jenem Fossilienkult, der auf alpinen Jagdhütten gepflegt wird.

Tiere blieben für Strobl ein zentraler Bedeutungsträger, das Sammeln und Kombinieren wurde zu ihrer künstlerischen Methode.

Wer – wie der Autor dieses Artikels – die Künstlerin nicht persönlich kannte, kippt in der mumok-Schau unweigerlich in eine Spurensuche hinein: Was beeindruckt, sind weniger einzelne Werke als die Art, mit der Strobl dem scheinbar Nebensächlichen poetische Qualitäten abzuringen verstand.

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Teilhabe

Mit einem wachen Auge erkundete Strobl ihr Lebensumfeld (etwa das Wiener Stadthallenbad) ebenso wie Friedhöfe in Armenien oder die Werft in Danzig. Auf heimischen Almen dokumentierte sie die Vegetation, die sich durch den Rückzug der Weidewirtschaft ausbreitete. Dass Strobl dabei politische und ökologische Anliegen vertrat, ist offensichtlich – doch sie kampagnisierte mit ihrer Arbeit nicht. In der Schau erscheint ihre Kunst schlicht als intensive, bewusste Teilhabe am Leben – und damit auch als Inspiration für jene, die sich selbst nicht als Künstler verstehen.