Kultur

Auf den Spuren von Shakespeare

"Alles darzulegen, ist langweilig!" Das ist das Motto von Tool-Sänger Maynard James Keenan. Der Grund dafür, dass der 52-jährige nicht gerne Interviews gibt.

Für den KURIER machte er kurz vor dem Auftritt seiner Dritt-Band Puscifer (die zweite ist A Perfect Circle) eine Ausnahme, erklärte diesen Ansatz anhand des Songs "Simultaneous" aus dem jüngsten Album "Money Shot": "Das ist eine Story, bei der ein Mann zu jemandem spricht, bis er sagt: ,Wir werden niemals Weltfrieden haben, wenn sich nicht drei Leute simultan in die Augen schauen!’ Wer die drei sind, sage ich nicht. Denn dann fangen die Leute an zu forschen und Fragen zu stellen. Es bringt sie dazu, wie ein Künstler die Imagination einzuschalten. Es kreiert Neugier und Faszination."

Entstanden ist Puscifer aus einem Comedy-Projekt – "auf der selben Bühne wie Tenacious D". Deshalb hat die Gruppe theatralisch-ironische Elemente in ihrer Show. Die ließen das Nova-Rock-Publikum allerdings weit mehr irritiert als fasziniert zurück.

Versteckt

Keenan versteckt sich bei Puscifer hinter einer Maske und hält sich im Hintergrund. Gut, das ist nicht neu. Das macht der Exzentriker, der im anderen Leben Winzer ist, auf der Bühne gerne. Aber das lenkt die Aufmerksamkeit auf die Akteure, die er auf diese erste Europatour mitgebracht hat. So, dass viele Zuschauer gar nicht erkennen, dass hier der Tool-Sänger auf der Bühne steht , während sich Komödianten in mexikanischen Wrestling-Masken in einem Boxring duellieren. Oder mit Cheerleader-Mädchen an der Seite stehen und zwischen Headbanging und einer Andeutung von Ausdruckstanz wechseln.

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Denn vieles in der anspruchsvollen Musik von Puscifer entzieht sich hämmernden Metal-Klischees. Das ist gelegentlich die Basis. Häufiger aber sind die Songs getragen und düster, durchzogen von brütenden Electronica- und Chor-Passagen.

Das, sagt Keenan, liege daran, dass er selbst auch Klassik hört. "Aber ich bin dabei längst nicht so versiert wie mein Sohn Devo. Der ist ein Cellist, ein Meister bei Schostakowitsch und ist oft auf meinen Platten vertreten".

Gibt es Konflikte, wenn der Papa der Boss ist? Kennan muss lachen: "Nein! Er ist mein Sohn, hat meinen Charakter. Dem kann ich nicht sagen, was er tun soll!"

Dass die Musik von Puscifer so nachdenklich ist, liegt aber auch daran, dass Keenan in Arizona am Rande des Grand Canyon lebt. "Wenn du einen Film über Arizona vertonst, wirst du auch nicht Speed-Metal nehmen, sondern Mandoline und Banjo. Und in der Wüste hat man so viel Raum, eine unglaubliche Stille. Es ist ganz anders, als wenn der Stadtlärm permanent auf dich einprasselt. Bei Puscifer werden diese Einflüsse so deutlich, weil diese Band eine Spielwiese für meine Gedanken ist. Und zwar im Gegensatz zu den anderen Bands nur für meine Gedanken und nicht die von mir und anderen."

Boyband

Über die anderen Bands oder das nächste Tool-Album will er nicht sprechen. Dafür aber gerne über Humor. Denn der steckt in vielem, was Puscifer machen, wird aber häufig übersehen oder falsch interpretiert.

Trotzdem ist es ihm ein Anliegen: "Shakespeare hat in seinen Werken die perfekte Balance zwischen Drama und Humor geschaffen. Das will ich auch. Denn an Shakespeare sieht man, dass das nicht altert. Was für einen Einfluss das darauf hat, wie uns das Publikum wahrnimmt, darf mich nicht kümmern. Denn dann wären wir nicht mehr pure Künstler. Dann wären wir eine Boyband."