Kultur

Pappano: Ein Arbeiter, der für alle da ist

Zwölf Konzerte in zehn Tagen, Proben, Konzeptgespräche und Interviews – Antonio Pappano ist ein viel beschäftigter Mann. „Das bin ich eigentlich immer“, sagt der gebürtige Brite mit italienischen Wurzeln. Seit 2002 ist Sir Tony („Alle nennen mich Tony, und das ist gut so“) Chefdirigent am Royal Opera House Covent Garden, seit 2005 leitet er als Chefdirigent auch das Orchestra dell’ Accademia Nazionale di Santa Cecilia in Rom, mit dem er dieser Tage auch im Wiener Musikverein Station macht: „Ein für mich und die Musiker stets beglückendes Erlebnis.“

In Wien sind die Römer und Pappano längst keine Unbekannten mehr; vor allem der Maestro hat hier einen legendären Ruf. 1993 sprang Pappano an der Wiener Staatsoper quasi über Nacht für den erkrankten Christoph von Dohnány bei der Premiere von Wagners „Siegfried“ ein – ein Triumph.

Warum der leidenschaftliche Pianist am Ring seitdem kaum präsent war? „Man kann nicht überall gleichzeitig sein. Wenn ich irgendwo eine Chefposition übernehme, dann will ich auch nach Möglichkeit von früh bis spät für dieses Haus oder dieses Orchester da sein.“

Pappano weiter: „Und als Chef muss ich mich da auch um die Finanzen kümmern. Vor allem die Situation in Rom ist sehr schmerzhaft, die italienische Kulturpolitik ist ja ein Albtraum.“ Aber: „Staatsoperndirektor Meyer macht mir regelmäßig schöne Angebote. Vielleicht geht es sich endlich einmal aus.“

Festspielwürdig

Einstweilen ist man hierzulande auf Gastspiele des perfekt Deutsch sprechenden Künstlers angewiesen. So wird Pappano heuer bei den Salzburger Festspielen die Neuproduktion von Verdis „Don Carlo“ in der Regie von Peter Stein, mit den Wiener Philharmonikern und u. a. mit Jonas Kaufmann in der Titelpartie leiten. Und Brittens „War Requiem“ wird an der Salzach von den Römern mit Pappano gespielt; die Solisten sind hier Stars wie Anna Netrebko, Ian Bostridge und Thomas Hampson. CD-Mitschnitte inklusive.

Arbeitswütig

Woher aber nimmt Pappano seine immense Energie? „Das liegt in den Genen. Meine Eltern hatten gar nichts und haben ihr ganzes Leben lang wie blöd gearbeitet. Auch ich bin ein harter Arbeiter, immerhin habe ich ja etwa in London die Verantwortung für sehr, sehr viele Mitarbeiter.“

Ob er seinen bis 2015 laufenden Kontrakt verlängern wird? „Das ist eine Frage, mit der ich mich intensiv beschäftige. Man sollte nie irgendwo zulange bleiben, aber man sollte auch nie zu früh gehen. Ich habe mit Regisseur Kasper Holten in London einen genialen Partner, und wir haben noch einiges vor.“

So wird Pappano nächste Saison in Covent Garden Puccinis „Manon Lescaut“ (mit Kaufmann), eine Neuproduktion von Wagners „Parsifal“ (mit O’Neill, Denoke, Pape) sowie Verdis „Les Vêpres siciliennes“ in der Regie von Stefan Herheim leiten.

Angst vor Herheims oft kontrovers diskutiertem „Regietheater“ hat Pappano keine: „Kunst lebt von der Vielfalt. Aber Vorrang hat stets die Musik.“