Kultur

"Angry Birds": Den Flügel zur Faust geballt

Vögel auf Schweine schleudern, das macht jeder gerne. Als das finnische Artillerie-Videospiel " Angry Birds" 2009 für Apple-Mobilgeräte entwickelt wurde, begeisterte es generationsübergreifend. Mittlerweile nistet der Handygame-Hit auf unzähligen Plattformen, zog die TV-Serie "Angry Birds Toons" nach sich und hält mittlerweile beim ersten Kinofilm. Gut möglich, dass die große Euphoriewelle schon abgeklungen ist. Aber unter den Videospielen, die zuletzt für die große Leinwand adaptiert wurden (etwa "Ratchet and Clank"), zählt "Angry Birds" zu den spritzigsten.

Klar kann es mit einer findigen Erzählkunst, wie es die besten Pixar-Filme vorlegen, nicht mithalten. Doch Drehbuchautor Jon Vitti – vormals Autor bei "Saturday Night Live", " Die Simpsons" und ... äh ... "Alvin und die Chipmunks" – weiß zumindest, wie man den einen oder anderen guten Gag schreibt. Auch die Animation in knalligen Primärfarben vor pastelligem Hintergrund lässt fluffige Vogelfedern fast greifbar scheinen. Übrigens auch die Augenbrauen: Unter ihnen leidet der knallrote Red, dessen Kulleraugen von zwei massiven schwarzen Balken gedeckelt werden. Schon als Jungvogel musste er sich deswegen auslachen lassen, bekam den Spitznamen "Augenbraue" verpasst und blieb ein Außenseiter im Vogelparadies. Während auf der beschaulichen Insel überall größtmögliche Harmonie unter dem Federvieh herrscht, ballt Red den Flügel zur Faust. Ihm geht das Leben in La La Land auf die Nerven. Der kleinste Anlass reicht, um ihn in einen rabiaten Wutbürger zu verwandeln, Kindergeburtstage zu zerstören oder Vogelscheuchen zu zerlegen. Zur Strafe bekommt er einen Kurs in Anger-Management verordnet. Dort lernt er einen pissgelben, hyperaktiven Kanari namens Chuck kennen , der sich im Fast-Forward-Modus bewegt und schneller spricht, als die Polizei erlaubt.

Warum es manchmal gut ist, gesunde Wut zu entwickeln und sich gegen grüne Schweine zur Wehr zu setzen, erfahren wir früh genug. Doch wie fast immer steckt der Witz im Detail, nicht in der großen, tendenziell ermüdenden Erzählung.

Pinkelwasser

Eindeutig auf erwachsenes Publikum zielen Querverweise auf Horrorklassiker wie "The Shining" ab. Drollige Vignetten wie jene von der Vogelmutter, die ihren Kindern das Mittagessen ins Jausensackerl speibt, versteht dafür jeder. Ebenso das Grausen, das ein Vogel empfindet, der versehentlich Pinkelwasser getrunken hat und sich danach die Zunge schrubbt.

Mit der Ankunft der grünen Schweine verliert "Angry Birds" an seinem verspielten Charakter und lenkt in Richtung Action-Finale. Ein Schiff legt an und Anführerschwein Leonard – ein Hipster mit Backenbart – geht von Bord. Die Vögel sind anfänglich begeistert von den Neuankömmlingen. Diese schwenken ihre grünen Hintern und rufen Schweinedisco und Ballermann aus.

Wutvogel Red ist zuerst Spaßverderber, dann Weltenretter. Aber wie man am besten auf Schweine schießt, lernen dann alle ziemlich schnell.

INFO: FIN/USA 2016. 97 Min. Von Clay Kaytis und Fergal Reilly. Stimme: Christoph Maria Herbst.

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Sie wolle nicht heiraten, sagt die Tochter. Der Vater seufzt, denn er wünscht sich einen strammen Nachfolger für seinen Bauernhof. Gleich im nächsten Bild wird klar, warum Delphine keine Hochzeitsabsichten hegt: Sie steht nicht auf Männer, stattdessen küsst sie heimlich die Nachbarstochter.

Geradlinig und letztlich wenig fordernd erzählt Regisseurin Catherine Corsini von einer lesbischen Liebe, die im Paris Anfang der 70er- Jahre zwischen Studentenrevolte und Frauenbewegung ihren Anfang nimmt. Dorthin ist Delphine gezogen, um den Zwängen des Dorflebens zu entkommen; dort verliebt sie sich in Carol, die Wortführerin einer Frauengruppe. Corsini lädt ihre Liebesgeschichte mit einem gewissen Seventies-Nostalgiewert auf und rückt das Drama in berechenbare Vergangenheit. Selbst als Carole mit Delphine aufs Land geht und letztlich von deren entrüsteter Mutter – immer gut: Noémie Lvovsky – hinausgeworfen wird, will sich keine besondere Dringlichkeit einstellen.

INFO: F/BE 2015. 105 Min. Von Catherine Corsini. Mit Cécile De France, Izïa Higelin, Noémie Lvovsky.

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Max Ernst, Constantin Brancusi, Samuel Beckett, Marcel DuchampPeggy Guggenheim hatte sie alle. Die Erbin, Galeristin und Museumsgründerin sammelte die Großen der Avantgarde des 20. Jahrhunderts nicht nur in Form von Kunstwerken, sie hatte auch ausgiebig Sex mit den Künstlern, wie viele Biografien belegen.

Lisa Immordino Vreelands Doku beschreitet insofern neue Wege, als sie klare Verbindungen zwischen Guggenheims Leben und ihrer Rolle als Katalysatorin für die Kunst aufzeigt: "Die Männer gingen, die Kunst blieb", heißt es an einer Stelle. Tatsächlich schien Kunst für die Sammlerin eine Lebens-Konserve gewesen zu sein.

Freeland griff zudem auf verschollen geglaubtes Tonmaterial zurück, das sie im Keller der Biografin Jacqueline Bograd Weld entdeckte. Die meiste Zeit spricht also Guggenheim selbst – gemeinsam mit viel Archiv-Material ergibt sich so nicht nur ein Bild einer außergewöhnlichen Frau, sondern auch ein Panorama des 20. Jahrhunderts.

INFO: US/I/GB 2015, 96 Minuten. Von Lisa Immordino Vreeland.

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"Was Männer über Frauen reden" ... erfährt man in dieser Ensemble-Komödie, in der sich die vorgeführten maskulinen Musterexemplare kein Blatt vor den Mund nehmen, wenn sie über den ganz normalen Wahnsinn des Liebeslebens schwadronieren.

Wie Frauen über das sogenannte "starke Geschlecht" reden, wissen wir spätestens seit der TV-Serie "Sex and the City".

Doch wie reden Männer über Frauen? Oder besser gesagt: Reden sie – außer über Sex – auch über Probleme und Gefühle?

Der neue Film von Henrik Regel bringt etwas Licht ins diesbezügliche Dunkel, allerdings mehr unter als über der Gürtellinie.

Im Berliner Szene-Kiez Kreuzberg, wo der Film spielt, kommt es in den langen Nächten aber auch zu erstaunlich tiefschürfenden Gesprächen, in denen DJ, Martini, Frankie, Marco und Tine ihren ganz normalen Wahnsinn des Liebeslebens und die dazugehörigen Missverständnisse und Tiefschläge diskutieren.

Man muss als Filmemacher schon sehr vom Erfolg seines Films überzeugt sein, wenn man – wie hier geschehen – auf die Fördergelder pfeift und das Ganze über Crowdfunding finanziert.

Die Rechnung könnte aufgehen, denn in dieser deutschen Großstadtkomödie können sich womöglich auch Österreicher wiederfinden und selbstironisch über sich schmunzeln.

TEXT: Gabriele Flossmann

INFO: D 2016, 89 Minuten. Von Henrik Regel. Mit Oliver Korittke, Frederick Lau.

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