Nach Hymnendebatte zurück zum Kerngeschäft
Deutschland hat Helene Fischer, Österreich Andreas Gabalier. Während die kürzlich 30 gewordene Schlagerkönigin diesen Sommer als Volkssängerin der deutschen Fußballweltmeister in Erscheinung trat, sorgte der bald 30-jährige selbst ernannte Volks-Rock'n'Roller mit der "töchterlosen" Bundeshymne für Aufsehen. Mit Open-Air-Tournee und der ersten eigenen TV-Show geht's nun zurück zum Kerngeschäft.
Beginnend mit einem gemeinsamen Open-Air-Konzert am Freitag mit Die Seer in Dornbirn, stehen in den kommenden Tagen auch Gabaliers Freiluftkonzerte in Kitzbühel (9.8.), Wien (15.8.) und Graz (16.8.) an. Der Veranstalter der "Mega Open Air Tour" in der Wiener Krieau und am Grazer Schwarzlsee verspricht gar eine "Show, die es bis dato noch nicht gegeben hat" - inklusive Lichteffekten, Pyrotechnik, Showelementen und einem Laufsteg ins Publikum. Vor der Bühne wird es gewohnt traditionell: Zu Gabalier kommen vor allem Frauen jeden Alters, in Tracht, bevorzugt "mit geflochtenen Zopferln" und "engen Bluserln" (O-Ton Gabalier).
1,6 Millionen verkaufte Tonträger
Längst knackt der Sänger mit den 1,6 Millionen verkauften Tonträgern die 20.000-Fans-Marke nicht mehr nur bei Heimspielen in Graz, sondern auch beim großen Nachbarn: Bei seiner ersten Deutschlandtournee füllt Gabalier derzeit die Hallen. Wenn der zünftige Steirer mit Ziehharmonika, Lederhose, kariertem Schnäuztuch und Haartolle mit Songs im Dialekt auf der Berliner Waldbühne aufspielt, ist das Areal fast ausverkauft und sonnen sich deutsche Popstars wie Sasha und Sarah Connor mit im Erfolg. Dass der nun auch außerhalb Österreichs eintritt, ist einer gemeinsamen Show im deutschen Fernsehen zu verdanken: In der kürzlich auf "VOX" ausgestrahlten Musiksendung "Sing meinen Song - Das Tauschkonzert" sangen die drei sowie Xavier Naidoo, Roger Cicero, Sandra Nasic (Guano Apes) und Gabaliers Wien-Support-Act Gregor Meyle jeweils Hits der anderen - und das zu Traumquoten.
Gabalier war nicht nur der einzige Österreicher in der Runde, sondern generierte auch ganz beiläufig die größte Aufmerksamkeit: Gesungen von Xavier Naidoo sorgte seine Ballade "Amoi seg' ma uns wieder" nicht nur für Tränenausbrüche auf und vor dem Fernsehbildschirm, sondern auch für Top-Chartplatzierungen beider Versionen in Deutschland und Österreich gleichermaßen. Mit dem Lied über die eigene Familientragödie - den Selbstmord seines Vaters und den darauf folgenden Freitod seiner jüngeren Schwester - emanzipierte sich Gabalier auch in Deutschland vom Skihüttenkönig zum familien- wie heimatverbundenen Sympathieträger.
Bundeshymne
Stichwort Emanzipation: Die sahen nicht nur die Grünen Frauen Wien gefährdet, als Andreas Gabalier beim Grand Prix von Österreich in Spielberg Anfang des Sommers just die alte Version der Bundeshymne ohne Berücksichtigung der in den Text integrierten "Töchter" darbot und auch nach einer Welle der Entrüstung nicht davon abkam - ein Auftritt in der "ZIB 24" samt Bekenntnis zu den von ihm verehrten "Dirndln" und ein offener Brief mit dem Titel "Liebes Österreich" inklusive. Synonyme für das andere Geschlecht hat Gabalier in seinen sich um Liebe, Tradition und Heimat kreisenden Liedern immerhin viele - ob Engerle, Madl, "Sweet little Rehlein" oder Zuckerpuppe. Mindestens ebenso viele "Kosenamen" werden Gabalier selbst zugeschrieben - vom Steirerbua und Alpen-Elvis bis zum "Trachtkerl", wie der "Stern" ihn kürzlich in einer sechsseitigen Reportage bezeichnete.
Nicht erst seit dem Lob von FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache für Gabaliers Bekennung zu alten Werten orten Kritiker den Sänger zudem ideologisch deutlich rechts von der Mitte. Vor einem Monat nahm etwa die "taz" einen früheren Vorwurf des "Standard" auf, das Cover des 2011 erschienen Albums "Volks-Rock-'n'-Roller" zeige Gabalier in einer Körperpose, die an das Hakenkreuz erinnert. "Wer beim 'Volks-Rock-'n'-Roller' genauer hinhört", kritisierte die deutsche Tageszeitung, "bemerkt, dass es jenseits der harmlosen Nostalgie und Liebe zum Dorf auch um Blut-und-Boden-getränkte Ideologie und rigide Identitäten geht, völkische wie sexuelle. Aber Gabalier bereitet sie so massenkompatibel auf, dass seine Musik im Service-Radio gespielt wird."
Gestärkt statt geschwächt
Bei seiner Zielgruppe entsteigt Gabalier seinem ersten richtigen Skandal dennoch mehr gestärkt denn geschwächt, steht zum Sommerende für ihn doch ein Karriere-Highlight an: Dann erfolgt der Auftakt zu seiner ersten eigenen Samstagabendshow. Das Konzept der "Volks-Rock'n'Roll-Show", die am 6. September auf ORF 2, SRF 1 und ARD zu sehen sein wird: "Bühnenshow und Roadmovie zugleich". Musikerkollegen wie Scorpions, Status Quo, Peter Kraus, Rea Garvey und The BossHoss treten neben oder mit Gabalier auf, während sich dieser in Einspielfilmen in die USA aufmacht - zu den Ursprüngen des Rock'n'Roll als Inspiration der von ihm kreierten, "neuen Musikbewegung des Volks-Rock'n'Roll".
Es wäre nicht Gabalier, würde nicht die Fernsehaufzeichnung am 30. August im Festspielhaus Füssen im Allgäu selbst zum Spektakel: Rund um das Festspielhaus entsteht das "Volks Rock'n'Roll Village" - eine eigene Outdoorzone für rund 3.500 Fans, die die Sendung auf der Videoleinwand und ihr Idol im Anschluss auf der Bühne erleben können. Karten sind ab 35 Euro zu haben.