Kultur

Maximale Ausbeute für Conchita Wurst

Um zwei Monate wurden die heurigen Amadeus Awards vorverlegt, um Abstand zum Song Contest zu schaffen. Trotzdem stand die Verleihung des österreichischen Musikpreises, die Sonntagabend im Wiener Volkstheater auf dem Plan stand, ganz im Zeichen von Conchita Wurst. Obwohl sie kein Album veröffentlicht hat, wurden der in drei Kategorien nominierten Diva alle Preise zugesprochen: Sie gewann die gläsernen Grammofone in den Kategorien "Video des Jahres" für "Heroes", "Song des Jahres" für "Rise Like A Phoenix" und "Künstlerin des Jahres". Schon bei der zweiten Dankesrede, brachte sie sichtlich bewegt kaum noch "Sie können sich nicht vorstellen, was mir das bedeutet" hervor, wirkte bei der dritten aber gefasster.

Die Bilder von der Amadeus-Gala

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Auch sonst gingen viele Preise an kommerziell etablierte Acts. Die Aufbruchs-Stimmung, die derzeit in der jungen österreichischen Indie-Pop-Szene herrscht, deren Ruf längst weit über die heimischen Grenzen hinaus hallt, wurde vom Amadeus allenfalls in den Genre-Kategorien reflektiert. Sowohl Wanda als auch Bilderbuch hätten "Band des Jahres" werden können, verloren diesen Amadeus aber an die Castingshow-Teilnehmer Tagträumer. Wanda blieb der schon im Vorfeld verliehene FM4-Award, von den vier weiteren Nominierungen aber nur der "Alternative Pop/Rock"-Preis. Bilderbuch, deren Nummer "Spliff" als "Song des Jahres" nominiert war, gingen leer aus. Genauso das drei Mal nominierte Elektronik-Duo Klangkarussell. Und SOHN, der mit "Tremors" (2014) ein tolles Album ablieferte und für weltweit erfolgreiche Künstler wie Kwabs produziert, wurde nicht einmal nominiert.

Posthum Preis an Udo Jürgens

Wenig überraschend wurde Udo Jürgens "Künstler des Jahres". Sein Sohn Johnny nahm den Preis entgegen und meinte, sein Papa würde sicher "Respekt den Nominierten und Gratulation den Gewinnern sagen, weil er weiß wie schwierig es ist, hier hin zu kommen.

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Julian Le Play bekam den Preis für das "Album des Jahres", Nazar den für "Hip-Hop/Urban", Parov Stelar den für "Electronic/Dance" und Andreas Gabalier wurde in der Kategorie "Live-Act" ausgezeichnet. Der einzig spannende Ausreißer in der vorhersehbaren Gewinner-Liste: Thorsteinn Einarsson, Lukas Hillebrand, Noa Ben-Gur und Alex Pohn wurden für "Leya" als "Songwriter des Jahres" geehrt.

Grönemeyer berührte

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Im Showprogramm lieferte Stargast Herbert Grönemeyer gleich zu Beginn alleine am Piano einen der berührendsten Momente: Als Tribut an den kurz vor Weihnachten verstorbenen Udo Jürgens spielte er dessen "Wohin geht die Liebe". Conchita Wurst sang in hautengem Ballkleid "You Are Unstoppable", was Laudator Michael Ostrowski zu der Bemerkung veranlasste: "Man muss nicht unbedingt eine Hose tragen, um ein Rockstar zu sein."

Peinliche Momente gab es wenige: Moderatorin Arabella Kiesbauer kündigte den Auftritt von Thorsteinn Einarsson damit an, dass er vielleicht nächstes Jahr nominiert sein könnte - ungeachtet dessen, dass er das heuer auch schon war. Ihr Kollege, der ROMY-nominierte Manuel Rubey lieferte dagegen eine Pointe nach der anderen, erklärte zum Beispiel, dass man für einen Amadeus unabhängig von Herkunft und Hautfarbe nominiert werden kann. "Das einzige Kriterium ist, dass man in Österreich von der Musik - nicht - leben kann."

Seitenhiebe

Er dankte - mit Hinblick auf dessen Streit mit FPÖ-Chef Heinz Christian Strache - außerdem Nazar dafür, dass er sich "dem größenwahnsinnigen Zahntechniker entgegenstellt". Es gab wieder die üblichen Seitenhiebe auf Ö3, Plädoyers für eine Quotenregelung, aber doch öfter ein Lob für die Leistungen der jungen Bands und die Aufbruchsstimmung, die sie in die Szene gebracht haben.

Den Preis für das Lebenswerk bekam am Ende Arik Brauer. Er bedankte sich bei dem bereits verstorben österreichischen Jazzkomponisten Johannes Fehring, und wies darauf hin, dass "Preise zu bekommen in Österreich scheinbar eine Frage des Alters ist".

"Es ist nicht leicht auf dera Welt, wenn man als Manderl heute noch auf ein Weiberl steht", sagte Andreas Gabalier, als er die Trophäe für den "Live-Act des Jahres" entgegennahm. Dafür gab es Pfiffe und Buhrufe. Der Schlagersänger nahm auch Bezug auf ein Interview mit FM4, in dem er vor der Show gefragt wurde, für welchen Diktator er singen würde. Gabalier fragte sich, ob bei FM4 noch etwas Stärkeres geraucht werde als Marihuana. Weiters fragte sich der Steirer, warum er immer wieder ins rechte Eck gestellt würde. "Ich würde mich freuen, wenn die Toleranz einmal auf der anderen Seite auch spürbar wäre", sagte Gabalier.

Gewohnt deftige Worte fand Rapper Nazar, der in der Kategorie HipHop/Urban ausgezeichnet wurde. Einerseits richtete er sich an die musikalische Konkurrenz, der er empfahl, in diesem Jahr "aufzuholen", da er eine Pause einlegen werde. Schließlich habe er mit dem Album "Camouflage" im Vorjahr "alles erreicht, was wir wollten". Aber auch die Politik kam nicht ungeschoren davon: Immerhin könne man in Österreich "ehrlich unsere Meinung gegen Zahntechniker sagen", so der Rapper, der noch deutlicher wurde. "In der österreichischen Politik, da sind ein paar kleine Hurenkinder dabei."

"Österreich, emanzipiere dich!"

"Österreich, emanzipiere dich!", rief hingegen Hanibal Scheutz von 5/8erl in Ehr'n (Preisträger Jazz/World/Blues) ins Auditorium. Man müsse doch nicht auf deutsche Medien warten, um heimische Musik zu entdecken, spielte er auf den Hype um Wanda, Bilderbuch und Co an.

Band des Jahres

Tagtraeumer

Künstler des Jahres

Udo Jürgens

Künstlerin des Jahres

Conchita Wurst

Album des Jahres

"Melodrom" von Julian Le Play

Song des Jahres

"Rise Like a Phoenix" von Conchita Wurst

Live-Act des Jahres

Andreas Gabalier

Video des Jahres

"Heroes" von Conchita Wurst

Songwriter des Jahres

Thorsteinn Einarsson, Lukas Hillebrand, Noa Ben-Gur & Alex Pohn für "Leya" (Thorsteinn Einarsson)

Alternative Pop/Rock

Wanda

Electronic/Dance

Parov Stelar

Hard & Heavy

Bloodsucking Zombies from Outer Space

HipHop/Urban

Nazar

Jazz/World/Blues

5/8erl in Ehr'n

FM4-Award

Wanda

Lebenswerk

Arik Brauer

Best Engineered Album

Nikodem Milewski, Krystian Koenig und Mischa Janisch für das Album "Netzwerk" (Klangkarussell)