Kultur

Aktionskünstler John Bock in Krems

Hat da jemand gesagt, dass Kunst einfach zugänglich sein sollte? Bei John Bock muss man sich in der Kunsthalle Krems zumindest verrenken, durch einen roten, verwinkelten Gang drängen, unter ein Gestell tauchen und seinen Kopf von unten in eine Schachtel stecken.

Als Belohnung sieht man nicht nur insgesamt elf Filme des 1965 geborenen deutschen Theatralfantasten, man wird auch zum Teil einer "Skulptur", die das Herzstück einer im Rahmen des Donaufestivals realisierten Werkschau darstellt. Unbeteiligtes, distanziertes Betrachten gilt bei Bock nicht, es geht darum, "die Rezipienten anzukicken", wie der Künstler dem KURIER erklärt: "Nachher kann man auch ein Bier trinken gehen."

Mit seinen Darbietungen, Filmen und Vorträgen hat Bock sich einen internationalen Ruf erarbeitet, gemeinsam mit Jonathan Meese und Christoph Schlingensief bildet er eine Art Dreigestirn der Durchgeknalltheit innerhalb der deutschen Kunstszene.

Immer wieder setzt er selbst gebastelte Daniel-Düsentrieb-Apparaturen ein, um sich und sein Publikum bei allen Sinnen zu packen und nebenbei auch Kategorien wie jene der Skulptur und Malerei zu sprengen. Die Österreicher Franz West und Rudolf Schwarzkogler, erklärt Bock, seien da stets große Inspirationen gewesen.

Apparat

Im Rahmen einer Ausstellung erscheinen Bocks Requisiten notgedrungen musealisiert – das rote Tuch mit den Löchern, durch das die Teilnehmer einer Bock-Performance in Reims/Frankreich einst ihre Köpfe stecken mussten, hängt nun zusammengerafft an einem Masten, den Bock wiederum mit einer seltsamen Apparatur aus Secondhand-Material (einem Fahrrad, einem Plattenspieler, einem Hocker) zusammenschusterte. "Summen-Mutationen" nennt der Künstler diese Überführungen vom Aufführungs- in den Ausstellungskontext. Auf die marktfreundliche Gepflogenheit, aus dem Zusammenhang gerissene Relikte einzeln zu verkaufen, hat sich Bock laut eigenen Angaben bisher nur ein einziges Mal eingelassen. "Das war ein Fehler".

Doch was ist das eigentlich der "Zusammenhang"?

Wer sich vom Künstler schlüssige Geschichten erwartet, ist fehl am Platz: Ähnlich wie Matthew Barney, Joseph Beuys und andere Grenzgänger zwischen den Kunstsphären bewohnt Bock eine hochgradig in sich verschachtelte Welt, deren Logik sich auch mit zweckdienlichen Hinweisen des Künstlers nicht einfach erschließt. Dass der in Krems aufgebaute Lumpenwagen mit Bertolt Brechts "Mutter Courage" zu tun hat, ist da noch ein leichteres Rätsel: Die Performance "Ma’am Prosciotto Crudo", bei der Bock Motive Brechts verballhornte, sollte die restriktive Aufführungspolitik der Brecht-Erben ankreiden.

Bauchhöhle

Das jüngste in Krems gezeigte Werk, "Bauchhöhle bauchen", entstand in Japan, inspiriert von der Fukushima-Katastrophe, erklärt Bock. In dem Film, in dem der Künstler durch Tokio stiefelt und mit Kaleidoskopen, vor den Mund geschnallten Fühlern und Zahnpasta die seltsamsten Bilder herbeizaubert, lässt sich das nicht einfach erraten. Ästhetisch ist es trotzdem eine Wucht. Und es gibt ja auch noch Bier.

INFO: Bis 24.Juni, Kunsthalle Krems.