Kultur

Agnes Obel: Songs wie warme Decken

Einmal ausklinken aus der hektischen Welt. Den Blutdruck senken, sich zurücklehnen, innehalten, tief durchatmen und an nichts oder viel – je nach Stimmungslage – denken. Das alles konnte man am Sonntagabend beim Konzert von Agnes Obel. Die zierliche wie schüchterne Sängerin saß im großen und altehrwürdigen Sendesaal des Radiokulturhauses am Flügel, spielte für FM4 eine Radiosession und lud zum Träumen ein.

Agnes Obel - nie gehört? Doch, ganz bestimmt. Man kennt sie bzw. ihren Song "Just So" aus dem Werbespot eines Mobilfunkbetreibers. Das dazugehörige Album heißt "Philharmonics" und verkaufte sich fast eine halbe Million Mal.
Und nun "Aventine", das zweite Werk der mittlerweile in Berlin Kreuzberg lebenden Dänin. Dort sind auch ihre elf Songs entstanden. Im Zentrum der Musik steht das von Obel mit viel Hingabe gespielte Klavier. Sie schüttelt bevorzugt schuberteske Melodien in Moll aus den Fingern, dazu singt sie – mal zurückhaltend, mal aufgeregt und hin und wieder reicht die Kraft nur für ein schmerzvolles "Uhh" oder "Ahh".

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Begleitet wird Obel auf der Platte von Anne Müller am Cello und Mika Posen an Geige und Viola (links). So sah man das am Sonntagabend auch live im Wiener Radiokulturhaus. Es war eine Wohltat - ein perfekter Abschluss des Wochenendes. Besser als "Tatort" auf der Couch.

In der Mitte der Bühne wurde der mächtige Flügel ausgeleuchtet - es spiegelt sich die Mechanik im schwarzen Lack. Bedient wurde er von der zierlichen Obel, die sich nur ab und an dem Publikum zuwandte, für alles bedankte und einen Schluck Tee aus dem Häferl nahm.

Bilder von der FM4 Radiosession:

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Filmmusik

Jedes Stück auf "Aventine" ist ein Kleinod, ein Mini-Drama. Obel erzählt in „Dorian“ von zwischenmenschlichen und unüberwindbaren Problemen. Bei „Run Cried The Crawling“ schwingt kinematografisches Feeling mit. "Ich hörte und sah immer Verbindungen in der Musik zu allen möglichen Genres", sagt sie in einem Interview.

Die Stücke auf „Aventine“ klingen dann zwar oftmals ähnlich, was an der minimalistischen Instrumentierung liegt, sind aber keineswegs langweilig. Es sind die feinen Zwischentöne, die das Album wachsen lassen. Da macht es auch nichts, wenn sich Obel mal durch Songs schweigt: "Für mich sind Sounds immer interessanter gewesen als Worte." Mit solchen Songs schafft man es leichter durch den Winter und durch Sonntagabende: Sitzend konnte man bei der Radiosession seinen Blick abschweifen lassen, die Augen schließen und bloß der Musik, den feinen wie filigranen Tönen lauschen. Einatmen. Ausatmen. Nachdenken - über die kleinen oder großen Dinge des Lebens.

Agnes Obel - "Aventine" (Pias)

Tipp: Die Radiosession mit Agnes Obel wird am 09. Oktober in der FM4 Homebase (19-22 Uhr) ausgestrahlt.

Das war die Radiosession mit Thees Uhlmann: