Zu spät für Pessimisten
Von Birgit Braunrath
Im Windschatten rauer Debatten, ob er denn überhaupt existiere, entwickelte der Klimawandel ungestört ein Eigenleben. Seinen größten Verbündeten, den amtierenden US-Präsidenten und obersten Klimawandelleugner, interessiert das Wetter nur dann, wenn eine Sturmböe seine haargenau bedeckte Schädelplatte streift, nicht aber, wenn Unwetter und Dürre Ernten vernichten und Menschenleben bedrohen.
Dem stehen Wissenschaftler gegenüber, deren Prognosen weitgehend ungehört bleiben. Einer von ihnen, ein Österreicher, der in Harvard forscht, stellte in Wien Ideen zur globalen Temperatursenkung vor. Sein Standpunkt: „Für Pessimismus ist es zu spät.“ Und man ist geneigt, so heftig zu nicken, dass einem die Frisur in Unordnung gerät.
Ist es nicht immer und überall zu spät für Pessimismus? Weil Pessimismus nur ein wichtigtuerischer Ausdruck für Schwarzmalerei ist? Genauso wie Optimismus nur das Relevanz-Alibi derer ist, die die Welt durch die rosarote Brille sehen? Aber es ist nie zu spät für Realismus, den unaufgeregten, konstruktiven kleinen Bruder der beiden. Dem stehen zwar inzwischen auch die Haare zu Berge, aber der frisiert sich und macht sich an die Arbeit.