Kolumnen

Wo sind die Mäzene?

Was Milliardäre mit ihrem Geld machen, ist ja prinzipiell ihre Sache. Wir im Redaktionskomitee der Wiener Ansichten wollen uns, Gott behüt’, nicht anmaßen, darüber zu urteilen, dass der reichste Mann der Welt nun kolportierte 45.000 Dollar pro Sekunde für seinen zehnminütigen Weltraumflug springen ließ und der Chef des Welternährungsprogrammes ihn immer noch nicht am Telefon erreicht hat.

Nein, wir bleiben bei unseren Leisten. Wir wandern durch die Wiener Vorstadt, durch das wunderschöne Hietzing etwa, und wundern uns. Wundern uns angesichts der wegweisenden Architektur, für die Wohlhabende einst bereit waren, ihr Geld auszugeben, und dessen, was heutzutage so unter dem Namen „Luxuseigentum“ baulich verbrochen wird.

Dabei hatten es die Hietzinger Investoren vor hundert Jahren auch nicht leicht. Denn was hier mit Josef Hoffmann (Villa Primavesi), Josef Frank (Villa Beer) und etlichen Adolf Loos-Häusern entstand, war zu seiner Zeit nicht das, was dem Geschmack der Masse entsprach. Die Villa Scheu in der Laroche-Gasse etwa, 1912 von Adolf Loos für den Rechtsanwalt Gustav Scheu als Europas erstes Terrassenhaus entworfen, war revolutionär und verschreckte ziemlich sicher die Liebhaber des Schönbrunner Barocks. Doch damals wagte der Wohlstand, in progressive Architektur zu investieren. Rund um die Lainzer Straße etwa entstand so mit den erwähnten Häusern ein Best-of der Wiener Architektur-Moderne.

Die mutigen Mäzene sind heute rar geworden. Was jetzt viel Geld kostet, ist meist gesichtslose Stangenware. Von Hietzing bis Döbling wuchern verwechselbare Kuben mit immer gleichen Milchglasbalkonen, Kirschlorbeerhecken und Swimmingpools. Fantasielose Kleinbürger-Idylle um teures Geld.

Genug gejammert. Freuen wir uns, dass der neue Besitzer die Villa Beer öffnen und so ein Stück Architekturgeschichte zugänglich machen wird. Und hoffen wir, dass sich der eine oder andere Milliardär hinein verirrt und inspirieren lässt.