Kolumnen

Fabelhafte Welt: Mann allein in Babyland

Mein geliebter Gatte verdingt sich als Facharzt für Urologie. In seiner Freizeit versucht er, die Probleme der südlichen Körper-Hemisphäre zu meiden. Das respektiere ich. Dennoch konnte ich neulich nicht anders, als ihm mein Leid zu klagen: Unser ungeborenes Kind scheint ähnlich wie sein Vater Harnblasen faszinierend zu finden und drückt permanent auf die meine. Vor allem nachts. „Ich halt das nicht mehr aus!“, klagte ich und erwartete liebevollen Zuspruch.

 „Amore, ich rate dir jetzt das Gleiche wie meinen Prostata-Patienten: ab 19 Uhr nichts mehr trinken“, antwortete er. 

Diese Glanzleistung an männlichem Einfühlungsvermögen brachte mich auf eine Idee, um ihn anderweitig in die Nachwuchsvorbereitung zu involvieren, wenn er schon nicht gebührend mit mir mitleiden will: „Weißt was, mein Herzbub? Ich trag das Kind aus, dafür kaufst du die gesamte Erstausstattung: Kinderwagen, Badezeug, Gewand, such aus, was dir gefällt.“ 

Meine Mutter, Großmutter, Freundinnen flippten aus: „Spinnst du? Du schickst ihn alleine für das Kind einkaufen? Woher soll er denn wissen, was das Kind braucht?“ Von allen Seiten redeten mir Frauen ein, ich könne meinen Mann doch nicht alleine für das Kind einkaufen lassen, er sei schließlich ein Mann.

 Nun, vielleicht lief bei mir in der Entwicklung zur Frau irgendetwas schief, aber auch ich wurde ohne eingebaute Erstausstattungs-Checkliste geliefert. Und soweit ich das beurteilen kann, hat unser Kind nach meines Mannes Shopping-Trips alles, was es braucht. Wahrscheinlich sogar ein bisschen mehr. Vielleicht gefallen mir nicht alle Batman- und Snoopy-Bodys, vielleicht hätte ich auch gern Babyhauben ohne Bärchenöhrchen drauf gehabt, aber hey: das ist Gleichberechtigung. Nicht nur Arbeit zu teilen, sondern auch Geschmäcker gleich zu werten. Manchmal scheint mir, vor allem wir Frauen müssen das noch lernen.

Vea Kaiser, das Ausnahmetalent aus Niederösterreich, ist seit ihrem umjubelten Buch-Erstling „Blasmusikpop“ von 2012 („großer Literaturspaß!“, „schwindelerregendes Debüt“) unumstrittene Lichtgestalt der jungen heimischen Literatur. Sie schreibt für die freizeit die wöchentliche Kolumne „Fabelhafte Welt“.

vea.kaiser@kurier.at