"ÜberLeben": Die Nacht der Nächte!
Von Guido Tartarotti
Ich muss gestehen, mir macht das böse Wort, das mit L beginnt und mit ockdown endet, keine Angst. Ich weiß nicht, wie das passiert ist, aber ich bin gern zu Hause. Wenn ich die Wahl habe zwischen einem Lokalbesuch oder einem Abend daheim mit Chilikochen, Georg-Danzer-Hören und Football im Fernsehen anschauen, habe ich schneller die Schafwollsocken an, als mein Hirn „ein großes Zwickl, bitte“ formulieren kann. Ich beobachte diese schleichende Verspießerung meiner Person mit einer Mischung aus müdem Amüsement und milder Sorge.
Früher einmal war alles anders. Früher verbrachte ich meine Nächte im heißen Mödlinger Nachtleben gerne irgendwo zwischen Kursalon, Café Posthof, Neuhaus, den Diskotheken Zickzack und Tom’s, sowie, gerne als Abschluss, der Veigl-Hütte in den hochalpinen Regionen des Anninger. Dort standen auch immer halbwegs gestimmte Gitarren herum, auf denen ich solange spielte, bis die anderen Gäste um Gnade winselten. (Das wiederum beobachtete meine damalige Freundin und spätere Ex-Frau mit einer Mischung aus müdem Amüsement und milder Sorge.)
Damals gab es im Freundeskreis ein ungeschriebenes Gesetz: Wenn ich offiziell die „Nacht der Nächte“ ausrief, durfte niemand schlafen gehen, bevor die Sonne nicht wieder ihre erhellende Tätigkeit aufnahm. Das funktionierte erstaunlicherweise immer. Aber damals war auch niemand von uns verheiratet – heute sind manche schon zum zweiten Mal geschieden. Meine Freunde und ich waren damals gefürchtet, weil wir auf Partys sofort die Stereoanlage in Besitz nahmen und nur noch Heavy Metal spielten, bis die anderen Gäste (schon wieder) um Gnade winselten.
Während ich diese Zeilen schreibe, Schafwollsocken an den Füßen, spüre ich so ein ganz leises Ziehen in der Brust. Irgendwo da drin sitzt einer, der gerne einmal wieder „Nacht der Nächte!“ rufen würde. Auch wenn die dann vielleicht nur bis 23 Uhr dauert.