Tiere, die keiner mag
Von Barbara Beer
Wenn man es von hinten liest, bin ich der Erste, kommentierte unlängst ein Politiker seinen Negativrekord in Beliebtheitsumfragen.
Tatsächlich, dachten wir im Redaktionskomitee der Wiener Ansichten, hilft ein Perspektivenwechsel oft. Und so tagten wir nun hoch über den Dächern Wiens im sogenannten Baumkronenpfad in Schönbrunn. Dieser führt am Rande des Tirolergartens in zehn Metern Höhe durch die Wipfel und eröffnet da, wo sich das Blätterdickicht lichtet, außergewöhnliche Blicke über die Stadt. Beeindruckend insbesondere, wenn plötzlich Wolfsgeheul losgeht – ihr Gehege liegt nicht weit. Die Hundeverwandten sind sehr beliebt im Komitee, das hat möglicherweise mit Ludwig Hirschs herzergreifendem Lied zu tun: Ganz hinten in dem kleinen alten Tiergarten, wo die Viecher ganz besonders traurig schaun, da lebt mir scheint's schon ewig, in'm dunklen engen Käfig, der alte, räudige Wolf.
Die Schönbrunner Wölfe sind weder alt noch räudig, noch leben sie im dunklen Käfig, doch auch sie gehören nicht zu den Publikumsmagneten. Im Gegensatz zu den Koalas, vor deren Haus Menschenschlangen stehen (Trick 17: Die Viecher haben sich ein neues Baby zugelegt). Nun gibt es nicht nur bei den Schönbrunner Säugern steile Beliebtheitskurven, sondern auch bei Stadtvögeln. Dass man Schwalben mag: no na. Sie gelten als Boten des Sommers. Die Popularität der Spatzen – obwohl gierige Bettler ohne Genierer, dem Gönner nach vollzogener Fütterung auf den Kopf zu kacken – geschenkt. Dass jedoch die Stadttauben geschmäht werden, ist höchst ungerecht. Die weiße Verwandtschaft gilt als Friedensbotin, gehuldigt von Picasso bis Freddy Quinn. Die graue wird als Luftratte verunglimpft. Ungerecht.
Gänzlich unbesorgt angesichts seiner Beliebtheitswerte ist indes der eitle Erpel, der gern die Grenzen seines Habitats im Stadtpark überschreitet. Munter spaziert er die Wollzeile hinauf und wurde unlängst gar nahe des Stephansplatzes gesehen. Demnächst will er, so hört man, an der Messe im Dom teilnehmen.