Tagebuch: Oida, da staunt die Laptop-Generation
Von Wolfgang Winheim
Salzburgs 30.000er-Arena unabhängig von der 2:4-Hinspielniederlage gegen Lazio für das Rückspiel ausverkauft.
Österreichs schönstes Stadion, in dem ein Kärntner Regionalpolitiker lieber Bäume pflanzen wollte, vor dem Klagenfurter Gastspiel der deutschen Fußball-Nationalelf gegen Österreich (2. Juni) längst ausverkauft.
Auch für Brasiliens WM-Test gegen Österreich im 87 Jahre alten Prater-Oval gibt es schon neun Wochen davor keine Karten mehr.
Das Interesse steht im Widerspruch zur trostlosen Kulisse (Ausnahme Rapid, Sturm, LASK) im heimischen Liga-Fußball. Das war freilich schon im letzten Jahrtausend so ...
als die Bezeichnung Event-Publikum noch unüblich war;
als es noch keine Inflation an TV-Fußball und somit keine übermächtige, globalisierungsbedingte Konkurrenz gab;
und als die von 73.000 Zuschauern als Helden gefeierten Austrianer drei Tage nach dem Semifinalkrimi gegen Dynamo Moskau kaum 3000 in der heimischen Meisterschaft sehen wollten.
Der spätere Italien-Legionär Herbert Prohaska war daraufhin so enttäuscht, dass er keinen Grund zum Bleiben in Wien mehr sah.
Genau 40 Jahre ist es her, seit sich die Austria mit dem aktuellen ORF -Analytiker Prohaska als erster österreichischer Klub für ein Europacup-Endspiel qualifizierte. Nicht zuletzt dank ihres Tormanns Hubert Baumgartner, der gegen Moskau im Elferschießen (wie davor schon im Viertelfinale gegen Split) nach dem 120 Minuten-Kampf die Nerven behielt. Die verlor Ernst Baumeister, weil die Moskauer in der letzten Minute der regulären Spielzeit eine Verlängerung erzwungen hatten. Baumeister, der sich zunächst weigerte weiterzuspielen, war damals der jüngste Austrianer. Heute kann er als Admira-Trainer mit jungen Spielern besonders gut umgehen. Gleiches wird mit Karl Daxbacher einem weiteren violetten 78er-Finalisten nachgesagt.
Dass Daxbacher, 63, nach LASK und St.Pölten nun auch Wacker Innsbruck zurück in die oberste Liga führt, kann kein Zufall sein. Zumal es auch auf gute Menschenführung ankommt, wie das – obwohl der Vergleich kühn klingt – einige gewaltige Etagen höher beim FC Bayern Jupp Heynckes beweist. Der 72-Jährige lässt so manch sportwissenschaftlich fundierte Mitglieder der Laptop-Generation alt aussehen.
In Wahrheit sollte nicht zwischen Jung oder Alt, sondern vielmehr zwischen erfolgreich und erfolglos unterschieden werden. Eine Erkenntnis, die auch für Spieler gilt.
Während sich hierzulande bald jeder Kicker, der sich dem 30er nähert, abfällige Zurufe wie „Oida, wann hörst endlich auf?“ anhören muss, wird der internationale Spitzenfußball mehrheitlich von Ronaldo , Iniesta , Robben , Ribéry oder Ibrahimovic dominiert. Von Stars, die alle älter sind als der österreichische Bundeskanzler.