Stinknormal
Von Julia Schrenk
Welche Speisen sollen in der U6 verboten werden? fragen die Wiener Linien auf ihrer Homepage. Kebab, Pizza und Leberkässemmeln? Wurstsemmeln und Käsebrote? Sushi und Eis? Oder Salate?
Ab 1. September gilt auf der Wiener U-Bahnlinie 6 ein Verbot von „geruchsintensiven“ Speisen, wie die Wiener Linien das nennen. Bis 12. August können die Fahrgäste online darüber abstimmen, welche Speisen sie besonders eklig finden.
Das Stinke-Essen-Verbot wirft viele Fragen auf. Zum Beispiel: Ist der Biss in den Apfel noch legal? Bewegt man sich im Rahmen der Gesetze, wenn man Döner ohne Zwiebel isst? Werden Kartons von Pizzaschnitten künftig beim Kauf mit amtlichen Siegeln verklebt wie die Türen zu Tatorten? Wenn politische Vorhaben so unkonkret präsentiert werden, sind sie prädestiniert dafür, ins Lächerliche gezogen zu werden. Der Grund, warum die Aktion so problematisch ist, ist aber ein anderer.
Denn das vorläufige Essverbot ist nicht die einzige Maßnahme, die die Wiener Linien mit Öffi-Stadträtin Ulli Sima (SPÖ) für die U6 getroffen haben. Vor zwei Wochen schon wurden dort Deos verteilt – an die Fahrgäste.
Wer die U6 als Teststrecke nutzt, der muss behutsam vorgehen. Denn die U6 fährt entlang des Gürtels, trennt die Innenstadt von den Randbezirken. Außerhalb des Gürtels wohnen viele Migranten, innerhalb mehr Gutbetuchte. Was für ein Zeichen sendet man an jene, die täglich U6 fahren, wenn man ihnen Deos in die Hand drückt und Kebab verbietet? Nehmt wenigstens das Deo, wenn ihr euch schon nicht wascht? Esst euer grausiges Essen bitte zu Hause?
Natürlich kann man ein Verbot zur Mitnahme von Speisen und Getränken in Öffis diskutieren, aber dann bitte für das gesamte Netz. Warum macht die Stadt mit beim Hochstilisieren einer vermeintlich speziellen U6-Problematik?
Die U6 ist eine stinknormale U-Bahn-Linie, wie jede andere in Wien auch. Und zumindest das Problem mit dem Schwitzen ließe sich leicht lösen: Indem man die U6 durchgängig klimatisiert.