Raab geht essen: Herz in Schwarz
Und, hatten Sie heute schon Ihr Sonntagsfrühstück? Vielleicht sogar eines ans Bett? Für die einen Romantik pur, der Morgen nach erster gemeinsamer Nacht, das Ritual des Hochzeitstages, die verzweifelte Verrenkung des schlechten Gewissens, für die anderen schlichtweg das ausgebleichte Plastik-Tablett auf dem Nachtkästchen des Krankenzimmers – und auch da kommt es darauf an, wer es wie serviert. Jetzt bin ich ja nicht unbedingt der größte Freund der Sonntagsöffnungszeiten, finde mich aber während eines sonntäglichen Stadtbummels trotzdem gelegentlich in jedem Schundlanden wieder; Italienurlaube ohne Flanieren durch belebte Gassen, undenkbar; Buchhandlungsbesuche auf Bahnhöfen herrlich zwanghaft – vermutlich sollte ich die Behauptung „nicht unbedingt der größte Freund der Sonntagsöffnungszeiten“ zu sein, noch einmal hinterfragen. Ist ja vielleicht generell kein Fehler, sich zuerst die eigene gelebte Realität vor Augen zu führen, und danach erst irgendwelche Behauptungen aufzustellen, möglicherweise wären ein paar Rechte plötzlich links, ein paar Linke rechts, ein paar Gelegenheitstrinker Pegelsäufer, ein paar Zugeknöpfte Nudisten, ein paar Umweltaktivisten Nespressokunden, ein paar Wahrsager Lügner ...
Da stehen allesamt Damen hinter den Vitrinen, ja Damen, keine 20, 30, vielleicht sogar 40 mehr, sondern voll Erfahrung, Eloquenz, Strahlkraft, ohne irgendeinem Grant oder einer jugendlich müden Unhöflichkeit.
Zurück zum Frühstück: Wochentags heißt das für mich: Ein Glas heißes Wasser auf nüchternen Magen, im Anschluss mit grünem Tee ab ins Büro, irgendwann dann der erste Kaffee, und gegen Mittag feste Nahrung. Jeder Bissen früher entzieht mir Energie und wird ein Wegweiser zurück ins Bett. Sonntags aber ist alles anders, da wartet das Paradies. Diverse Filialen haben diesbezüglich in meiner Nähe geöffnet und ich bin zeitig dort, um mir den Trubel zu ersparen, ja und wenn Sonntagsfahrer auch noch Semmeln, oder doch Kornspitz, oder mhmm, vielleicht Salzstangerl holen, bewundere ich den Gleichmut hinter der Budel. Meine absolute Lieblingsadresse in menschlicher Hinsicht ist die Zweigstelle der Bäckerei Schwarz in der Auhofstraße 138, gegenüber des gleichnamigen Leopold-Schwarz- Platzes. 1903 von Bäckermeister Leopold Schwarz gegründet, ist der Betrieb (bereits in der vierten Generation) heute das bedeutendste Bäckereiunternehmen des Bezirkes. Ja und in dieser Filiale Auhofstraße 138 schlägt sonntags das Herz, so mein Eindruck. Da stehen allesamt Damen hinter den Vitrinen, ja Damen, keine 20, 30, vielleicht sogar 40 mehr, sondern voll Erfahrung, Eloquenz, Strahlkraft, ohne irgendeinem Grant oder einer jugendlich müden Unhöflichkeit. Und wenn ich mir das Familienpaket um unschlagbare 8,90 € einpacken lassen, acht Stück Gebäck und ein Brot, alles freier Wahl (kosten Sie unbedingt das Vollkornwandlbrot, nicht nur weil damit beinah das ganze Familienpaket herinnen ist, sondern weil es tagelang wunderbar saftig bleibt), dann bekomme ich stets noch etwas dazu: ein Lächeln, ein „schönen Sonntag noch, mein Herr“, gelegentlich schlüpft eine Kostprobe ins Papiersackerl, und sind die Kinder dabei vielleicht sogar ein Kipferl. In diese Freundlichkeit und Lebensfreude beißen wir dann zu Hause alle hinein und ich sag Ihnen, das macht etwas mit uns. Menschen für Menschen ist ein Projekt, das auch unserem alltäglichen Umgang nicht schadet. Hab’ ich schon erwähnt, ein großer Freund des stationären Handels zu sein – und der Sonntagsöffnungszeiten natürlich ...
Bäckerei Schwarz
Auhofstraße 138, 1130 Wien (Stammhaus)
Tel. 01/877 24 75 21, bswien.at
geöffnet Montag bis Samstag 6 bis 20 Uhr, Sonntag 8 bis 19 Uhr