Pädagogisch von vorgestern
Von Barbara Beer
Es ist fest im kollektiven Gedächtnis verankert, dieses seltsame Wort, das mit K beginnt und mit rawuzikapuzi endet. Ebenso wie die Stimmen von Kasperl und Pezi und deren aus der Zeit gefallene Abenteuer. (Die Kasperl-Stimme, jahrzehntelang von Puppenbühnen-Gründer Hans Kraus und seinem Nachfolger Manfred Müller gesprochen, war übrigens dem heftigen Zigaretten-Konsum der Darsteller geschuldet. Auch dem tragisch-komischen, stets um Bussi, Bussi buhlenden Drachen Dagobert verlieh der exzessive Tabakkonsum seiner Akteure ein einzigartiges Timbre. Das sabbernde Reptil war ursprünglich als tatsächliches Monster vorgesehen, doch bei seinem ersten Auftritt lachten die Kinder, statt sich zu fürchten, und so wechselte Drache Dagobert für immer ins komische Fach.)
Gut, dass der neue Hausherr genau weiß, was diese Kindheitserinnerungen den Wienern bedeuten und er den Mut hat, ausnahmsweise nicht innovativ zu sein. Das etablierte Team wird die neue Saison mit einem Stück über das Einhorn Tusnelda und folgendem Plot einläuten: Heute ist ein ganz besonderer Tag. Die Großmutti hat Geburtstag und – ihr wisst ja – die Großmutti von Kasperl und Pezi ist die allerschönste und allerbeste Großmutti in der ganzen Märchenstadt. Auch ohne die Premiere Freitagabend gesehen zu haben, ist folgende Prognose wenig gewagt: Das Ganze wird mit einem Geplänkel zwischen dem schusseligen Pezi und dem tadelnden Kasperl einmoderiert. Und dem begeistert-zustimmenden Gebrüll der Kinder auf die Frage, ob sie denn alle da sind. Ansonsten heißt es hier still sein und ruhig sitzen. Frontalunterricht! Pädagogisch von vorgestern!
Das war es übrigens schon, als ich vor mehr als vier Jahrzehnten auf den (damals noch Holz-)Bänken in der Urania Platz nahm – und wissen Sie was? Die Sonntagvormittage, als ich mit dem Papa zum Urania-Kasperl pilgerte, gehörten zu den aufregendsten Momenten meines Kinderlebens. Dass ich nie in der Kasperlpost gewonnen habe, habe ich heute noch nicht ganz verwunden.