Paaradox: Jahrein! Jahraus!
SIE
Lebe lieber gegen den Silvester-Strom, mach’s anders, sei maximal unoriginell. Das ist die Devise des Mannes nebenan zum Jahreswechsel. Wenn andere die Korken knallen lassen, kontert er mit Schlückchen vom trüben Apfelsaft. Und schlägt vor, die letzte Nacht des Jahres horizontal in flauschiger Jogginghose vor dem Fernseher zu verbringen. Och, wie romantisch, höre ich die Damen tönen. Ja, genau: In der linken Hand kuschelt er mit der Fernbedienung, die rechte ruht in der Popcornschüssel.
Rüberrutschen
Romantikkomödie? Dinner for one? Nix da. Es ist ja nicht so, dass es in der Nacht der Nächte keine Fußballspiele zu sehen gäbe. Er würde daher total gern mit der Premier League rüberrutschen. Das allein ist es noch nicht. Da locken allerlei Sport-Jahresrückblicke – und schwups ist der Hufnagl auch noch von Darts fasziniert: Wow, wie geschmeidig die die Pfeile führen … Ich weiß dann nicht mehr, was ich tun soll. Den Satz als Metapher für neue Vorhaben werten oder mich im trüben Apfelsaft ertränken.
Während alle anderen in Glamour-Outfits tanzen, champagnisieren und an Glücksfischerln knabbern, würde sich der Gatte am liebsten auf seine Passion fokussieren: den Sport. Den Sport. Und den Sport. Von der Schlammschnorchel-WM bis zum Kopfballtischtennis-Turnier. Vom Gummihuhn-Weitwurf bis zur Bobbycar-Meisterschaft. Aber: wurscht. Denn am Ende tut er’s eh nicht, weil er möchte, dass das alte Jahr gut endet und das neue Jahr ebenso beginnt. Also wird er mich wie immer Punkt null Uhr umarmen, mich küssen und flüstern: Das wird unser Jahr, Schatz. Und ich werde wie immer antworten: Na sicher!
Paaradox neu: „Schatzi, geht’s noch?“: 23. 1., 31. 1., 24. 2. im Rabenhoftheater, alle Termine: paaradox.at
eMail: gabriele.kuhn@kurier.at
Facebook: facebook.com/GabrieleKuhn60
ER
Im Laufe sehr vieler Ehejahre verliert man auch den ausgeprägten Sinn für Rebellion. Das nennt sich Arrangement. Von der Romantikerin an meiner Seite gerne als Weiterentwicklung bezeichnet. In diesem Sinne achte ich darauf, gelegentlich dem Widerstandsgeist Auslauf zu gewähren. Das Finale eines Jahres, das mir etwa so wurscht ist wie das finnische Pokalendspiel im Moorfußball, ist traditionell eine gute Gelegenheit dafür.
Bockigkeit
Wenn gnä Kuhn ...
... noch rasch ein Freunde-Treffen nach dem anderen ausmacht, um nur ja mit allen auf das neue Jahr anzustoßen (und prompt beleidigt ist, weil ich das lieber mit einem Krug Bier als mit einer Flöte Prosecco tun will);
... wie ein kleines Kind stundenlang am Glücksbringer-Standl verharrt, um für noch mehr Freunde winzige Schweinderln, Kleeblätter und Marienkäfer zu kaufen (und mich zappelig wegschubst, weil ich ihr mit einem lässigen Hufnagl-Zwinkern rate, für maximale Glücksgarantie doch einfach nur zwanzig Hufeisen zu nehmen);
...mich mit einem hochseriösen Bilanz-Gesicht bittet, mit ihr gemeinsam einen ausführlichen Rückblick auf das 2018er-Jahr zu unternehmen, um danach „aber bitte ohne Blödsinn“ 2019er-Träume zu entwickeln (und erzieherisch die Augen verdreht, wenn ich ihr verrate, dass ich weniger Auftritte an Champions-League-Terminen plane).
Meine Silvester-Bockigkeit endet allerdings verlässlich um Mitternacht. Wenn der Korken knallt, der Walzer tönt, und ich juble: „Wunderbar, dass es dich gibt. Danke und Prosit!“
Solo „Abend mit einem Mannsbild“: 13. 1. Wien (CasaNova), 25. 1. Puchkirchen, 18. 2. Wien (Akzent), 8. 3. Brunn
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