Kolumnen

Nur noch 285 Tage

Weil der Sommer jetzt zu Ende geht und eh schon alles wurscht ist, mache ich heute drei furchtbare Geständnisse: Ich finde Helge Schneider nicht lustig, mir gehen die Simpsons auf die Nerven, und ich finde den Kultfilm „The Big Lebowski“ irrsinnig fad.

Und noch ein Geständnis: Ich hasse den Herbst, und zwar wirklich aus tiefster Seele. Ich finde zerregneten Laubgatsch auf dem Boden nicht romantisch, vom Sturm bekomme ich Bauchweh, und ich möchte auch nicht in rechtsdrehenden, handgemolkenen, ayurvedisch angereicherten, von buddhistischen Yoga-Mönchen bei Vollmond vom Rücken glücklicher tibetanischer Schafe gepflückten Wollsocken vor dem Kamin liegen und Lieder von Konstantin Wecker hören und Gedichte von Rilke lesen. Ich möchte im ewigen Juli leben, barfuß, mit nichts als einer kurzen Sporthose bekleidet, und in die Sonne schauen.

Und nein, „die Hitze“ macht mir nichts aus, denn ich habe noch nie Hitze empfunden. 25 Grad bedeuten für mich „Endlich ist es ein bisschen weniger kalt“, 30 Grad empfinde ich als lau, und bei 35 Grad beginne ich mich wohlzufühlen. Ich fand es auch im Death Valley nicht unangenehm, ich wollte dort wandern gehen, was dazu führte, dass meine damalige Freundin mit einem Hitzschlag ins Spital musste.

Bevor jetzt einige mit einer dicken Zeigefinger-Erektion  wütende Mails zu schreiben beginnen – es ist ja ein Phänomen unserer Zeit, dass man keine Freude über irgendetwas mehr äußern kann, ohne dass sich jemand beleidigt fühlt: Ja, ich weiß, dass viele Menschen hohe Temperaturen nicht gut vertragen. Ja, ich weiß, dass es den Klimawandel gibt und dass er eine schreckliche Bedrohung darstellt. Ich kann nämlich unterscheiden zwischen meinem Wohlbefinden und dem des Planeten. Aber trotzdem, ich hab kein Talent zum Heucheln: Ich hasse den Herbst und zähle die Tage, bis es wieder Juli ist (285, falls ich mich nicht verzählt habe).