Keiner schaut rein. Raus auch nicht
Von Barbara Beer
Unlängst wurde an dieser Stelle wieder von alten Heimaten berichtet. Dem Kindergarten in Leopoldau, dem Reihenhaus in der Großfeldsiedlung. Abgesehen von der fortschreitenden Verbauung sämtlicher Äcker und Wiesen rundherum ist es immer noch ganz schön dort, es gibt noch Gärten mit alten Obstbäumen und die 50 Jahre alte Volksschule aus Sichtbeton ist gut gealtert. „Brutalismus“ heißt dieser Stil in der Architekturfachsprache, eigentlich recht passend für eine Schule. Ich bin trotzdem gern hingegangen.
Merkwürdig war, unser früheres Haus zu sehen. Also, von Sehen kann eh keine Rede sein. Die neuen Bewohner haben den Garten komplett eingekastelt, ein über zwei Meter hoher Zaun verhindert, dass man reinschauen kann. Was wohl intendiert war. Rausschauen geht jetzt allerdings auch nicht mehr.
Der kleine Vorgarten ist auch ganz anders als früher. Den prächtigen Rhododendron meiner Mutter haben sie ausgerissen, jetzt liegt dort Rindenmulch herum und das bisserl Gras, das dort noch leben darf, wird wahrscheinlich mit der Nagelschere geschnitten. Meine Eltern fanden übertriebene Rasenpflege spießig.
Und es ist wohl auch ganz gut, dass sie die kitschige, schmiedeeiserne Hausnummer nicht mehr sehen, die dort jetzt an der Wand prangt. Sie hätten dieses verschnörkelte Dingsbums gewiss scheußlich gefunden. Unsere Nachbarn waren Schlosser, die hatten überall geschmiedete Schnörkselzäune und geschwungene Fenstergitter. Vielleicht ist deshalb bei ihnen im Gegensatz zu uns mehrmals eingebrochen worden. Die Diebe dachten sicher, dort gibt es was zu holen.
Vielleicht lag’s aber auch daran, dass wir einen Schäfer hatten und die Nachbarn einen Pudel. Konnte ja kein Einbrecher wissen, dass der Schäferhund ein Angsthase war, der sich bei jedem Windhaucherl unter der Decke verkroch.
Falls Sie Pudelbesitzer sind: Nehmen Sie mir meine Worte nicht übel. Demnächst wird an dieser Stelle ein Lob des Pudels zu lesen sein.