Essen in der U-Bahn: Kack di ned ein!
Von Guido Tartarotti
In Wiens U-Bahnen ist jetzt das Essen verboten, und ich muss an meine Großmutter denken. Einer ihrer Lieblingssätze lautete: „Kack di ned ein.“
Das hieß: Reg dich nicht sinnlos über jede Kleinigkeit auf. Man muss im Leben auch einmal was aushalten. Es soll dir nie was Schlimmeres passieren.
Meine Großmutter würde sich wundern: Wir leben im Aufregungszeitalter, in dem es als unerhörte, unerträgliche, gar grässlich jede Lebensqualität vernichtende Zumutung gilt, wenn man zum Beispiel für zehn Minuten Pizzageruch ertragen muss. Und daher muss möglichst alles verboten werden, was eine Irritation auslösen könnte. Interessant: Hier geben einander law-and-order-Mentalität und politische Korrektheit herzlich die Hand.
Der Österreicher hat ja Verbote ganz gern. Zuviel Freiheit ist ihm suspekt, fast eine Art Bedrohung. Denn einerseits spürt er gerne die Hand der Obrigkeit, das gibt ihm das Gefühl von Sicherheit. Und andererseits gefällt es ihm ganz gut, wenn die anderen etwas nicht dürfen, selbst, wenn er es dann selber nicht darf. Das passt gut in den Zeitgeist: Alle fühlen sich verunsichert, Verbote geben die Illusion, dass alles doch irgendwie im Griff ist, weil jemand auf uns schaut.
Verbote sind notwendig, sagen die einen, denn sonst würden die Menschen nur Unsinn machen. Dieser Gedanke entmündigt uns. Und ich wage zu bezweifeln, dass die Wiener Gemeindebauten tatsächlich aussähen wie die Serengeti, gäbe es in Wien kein Verbot, Nashörner und Giraffen in Wohnungen zu halten (das gibt es wirklich).
Andere meinen, und ich neige dazu, das für sehr gescheit zu halten, dass erst die Flut von Verboten die Menschen zum Unsinnmachen verleitet. Weil erstens Verbote zum Übertreten anregen, und zweitens Verbote das eigenständige Denken abschaffen.
Zum U-Bahn-Essverbot fällt mir noch ein Großmutter-Spruch ein: „Erstunken ist noch keiner.“ Vor allem dann, wenn man sich nicht einkackt.