Es gibt keine G’stetten mehr
Von Barbara Beer
In Floridsdorf reißen sie jetzt das Gasthaus Starkbaum ab. Drei Generationen lang hat die Familie das Wirtshaus auf der Brünnerstraße geführt. Jetzt ist Schluss.
Ehrlich gesagt: Ich war nie dort. Warum ich trotzdem traurig bin? Es ist eines der letzten, alten, einstöckigen Vorstadthäuser, die diese Gegend – trotz allem – so liebenswert gemacht haben. Floridsdorf ist für Außenstehende immer erklärungsbedürftig. Wer’s nicht kennt, stellt sich furchteinflößende Satellitenstädte vor, in denen Grenzalphabetisierte hausen. Ich erzähle dann immer von den sieben Dörfern, die zu meinem Flodorf gehören. Den wunderbaren Heurigen. Dem Bisamberg und dem Wasserpark, der Alten Donau und dem Eissalon Benner auf der Prager Straße. Den G’stetten, am Rande derer die Stadt ausrinnt und auf denen wir als Kinder unendlich frei waren.
Es gibt sie noch, aber sie werden weniger. Floridsdorf und die Donaustadt werden zubetoniert. Wer weiß, wie das Donaufeld einmal ausgeschaut hat und wer die Pläne der weiteren Bebauung erahnen kann, der weiß, wovon ich rede. Die letzte Zauber Transdanubiens schwindet.
Gerade noch nicht Transdanubien, aber auch keine Gegend mit besonderem Leumund ist der Höchstädtplatz im 20., wo jetzt das ehemalige Globus-Verlagshaus (teil-)abgerissen wird. Errichtet nach Plänen u.a. von Wilhelm Schütte und Margarethe Schütte-Lihotzky (ihr 20. Todestag jährte sich dieser Tage), gehörte es der KPÖ, die es längst verkauft hat. Das Haus galt einst als hochmodern, hatte sogar Fußbodenheizung. Der nach Schütte-Lihotzky benannte Veranstaltungssaal erlangte zuletzt mit der „Nette-Leit-Show“ in den 90ern Kultstatus.
Lihotzky, an die sich dieser Tage wieder alle so gern erinnern, hat wegen ihrer KPÖ-Mitgliedschaft nach dem Krieg übrigens kaum mehr Aufträge in Wien bekommen. Gut dokumentiert ist das und noch vieles mehr in der großartigen Ausstellung „ Kalter Krieg und Architektur“ im Architekturzentrum Wien. Gehen Sie hin.