Es fehlte eine klare Handschrift
Von Paul Scharner
Österreichs Nationalteam musste gegen Bosnien-Herzegowina gewinnen. Leider hat man davon nichts gemerkt. Die Ausgangslage war klar. Ohne Wenn und Aber. Ein Sieg stand für das österreichische Nationalteam gegen Bosnien-Herzegowina auf dem Pflichtprogramm, um den ersten Platz in dieser Nations-League-Gruppe zu holen.
Was mich während des Spiels – und besonders aus dem Blickwinkel eines Sportlers – dann so verwundert hat: Man hat davon nichts gemerkt.
Kein erkennbares Verhalten, das dokumentiert hätte, es muss unbedingt dieser Sieg her, dass man unter allen Umständen die zwei Tore schießen möchte. Ein Spiel mit vertauschten Rollen, denn der Gegner vermittelte sehr wohl diesen Eindruck. Man muss es so sagen, Heinz Lindner hat uns im Tor die Null gehalten.
Vermisst habe ich in Österreichs Spiel eine Handschrift von Teamchef Foda, die Fokussierung auf eine Philosophie. Zuvor war die Rede von der Sicherheit in der Defensive als Grundlage, um die nötigen Nadelstiche zu setzen. Aber die Abstimmung zwischen Verteidigung und Mittelfeld hat nicht gepasst. Wie konnte es möglich sein, dass Edin Dzeko gegen vier, fünf Gegenspieler immer wieder an den Ball kommt und Konter einleiten kann? Die ganze Ausrichtung hat nicht gepasst, das hat viel zu viele Räume geöffnet. Solche speziellen Situationen müssen intensiv trainiert werden, um das dementsprechende Know-how zu erlangen. Aber es war wie gesagt nicht wirklich ersichtlich, was man eigentlich wollte.
Defensivprobleme
Ich bin bekanntermaßen nicht der allergrößte Freund des Marcel Koller gewesen, aber bei ihm war zumindest anfänglich eine Handschrift zu erkennen, das Augenmerk, wenig Tore zu bekommen und auf taktisches Pressing zu setzen.
Ich war Defensivspieler, und deshalb beschäftigt mich dieses Thema ganz besonders. Das ist ein Problem nicht nur in Österreichs Ligen, sondern auch in Deutschland, wo es überall teilweise fast schon Handball- oder Eishockey-Ergebnisse gibt. Ich weiß schon, Tore lassen sich halt immer besser verkaufen, aber kaum übersehbar sind die eklatanten Schwächen in der Defensive, die sich zunehmend auftun.
Beklagt wurden nach der Nullnummer gegen Bosnien-Herzegowina die Versäumnisse in der Offensive. Mag sein, aber man hatte ja zumindest Chancen in der zweiten Halbzeit, als die Defensive sattelfester geworden ist. Gefehlt hat vor allem vor der Pause der Schritt nach vorne, Verteidiger, die nach vorne drücken, die auch Angriffe einleiten. Jedes Risiko wurde vermieden, und alles geschah viel zu langsam.
Logisch war, dass die Fans von Bosnien-Herzegowina im Stadion viel Wirbel machen würden. Ihre Mannschaft machte richtig Dampf.
Aber man hat auch gemerkt, dass Österreich keine Euphorie in die Atmosphäre bringt, wenn das Team eben nicht den Fokus erkennen lässt, ein Spiel unter allen Umständen gewinnen zu wollen.