Kolumnen

Eine Stadt im Sommerschlaf

Beim Gedanken an „Sommer in Wien“ geraten ja viele geradezu in überschwängliche Vorfreude: Radausflüge auf die Donauinsel, den ganzen Tag im Freibad liegen, Sommerspritzer trinken im Schanigarten.

Aber während die Temperaturen in diesem Sommer quasi Tag für Tag gestiegen sind, hat die Anzahl der Menschen in der Stadt täglich einen neuen dramatischen Tiefstand erreicht: Parkplätze waren frei, die Straßen leer.

Die Bar gegenüber? Bis Anfang September in der Pause. Das Blumengeschäft in der nächsten Gasse? Noch immer bis Ende des Monats in den Sommerferien. Der Asiate auf der Hauptstraße? Auch im Urlaub. Der Fleischhauer? Macht eine Sommerpause.

Die Straßenbahnen sind ab Ferienbeginn nur noch alle acht Minuten gefahren, wo sie üblicherweise längstens sechs Minuten auf sich warten lassen (Hallo, es arbeiten auch noch so zwei bis drei Menschen im Sommer!). Und in der U-Bahn saßen praktisch ausschließlich Touristen – (was einen wegen der Teilsperre der U4 stark ausgedehnten Arbeitsweg noch stärker an der eigenen Urlaubsplanung zweifeln ließ).

Aber man soll ja nicht sudern. Wir hatten dafür Zeit, die Harry-Potter-Bände 1 bis 8 nochmals zu lesen (das ist besonders super, weil sich nach 15 Jahren ein gefährliches Halbwissen breitgemacht hat) – oder eine Fremdsprache zu lernen. Mandarin zum Beispiel.

Nicht nur einmal hat mich das Gefühl beschlichen, bis auf einige wenige andere Leidensgenossen die einzig verbliebene Person in dieser Stadt gewesen zu sein (Ist da jemand? Fehlt nur noch, dass so ein Steppenläufer durch die Gasse rollt!)

Wird also Zeit, dass die ewige Hitzewelle von einem vorbildlichen Altweibersommer abgelöst wird. Von so einem, wo man wieder im Gastgarten von Nachbars Bar sitzen kann, die anderen Menschen im Freibad wieder einen angemessen Abstand zum Nachbarn lassen (Kleiner Hinweis: 5 Zentimeter sind zu wenig) und Radausflüge nicht in einem kompletten Schweißausbruch enden.