Kolumnen/Claudias Chaostruppe

Das Revival des Nachpfeifens und warum wir darauf verzichten

Es gibt Phänomene, ja Unarten, die gelten als ausgestorben. Bis sie plötzlich wieder auferstehen: Es ist heiß, wir sind alle viel draußen unterwegs.

Innerhalb von sieben Tagen passierte es zwei Mal, dass mir beim Vorbeigehen an einer Baustelle hinterhergepfiffen wurde, ein drittes Mal aus einem Lieferwagen heraus. Mit diesen Erfahrungen bin ich nicht alleine: Andere Frauen berichten Ähnliches.

Wieso gibt es diesen Mist noch immer? Welche Männer glauben, dass es eine Frau als Kompliment empfindet, wie ein Hund oder ein Pferd behandelt zu werden? Welche Reaktion erhoffen sich diese Typen?

Das gekränkte, männliche Ego

Offenbar so eine: Pfeif, pfeif! Warte, hier ist meine Telefonnummer, du irre charmanter Adonis! Und weil du so schön pfeifst, reiße ich mir sofort die Kleider vom Leib!

Ich muss desillusionieren: Das spielt es nicht. Niemals.

Wer es wagt, diese unerwünschten Aufmerksamkeitsbekundungen zu missachten oder gar wenig begeistert zu reagieren, muss mit einem rechnen: Dem gekränkten, männlichen Ego. Und das kommt fies, beleidigend und sexistisch um die Ecke.

Ich hab den Männern im Lieferwagen, die langsam neben mir hergefahren sind und mein Ignorieren ignoriert haben, den gepflegten Mittelfinger gezeigt. Und wurde mit unterirdischen Beschimpfungen bedacht – Zitat: Was ist los mit dir, du Schl..mpe?

Das ist Belästigung

Sexuell konnotiertes Rufen, Pfeifen oder Gestikulieren in der Öffentlichkeit nennt man „Catcalling“. Das klingt niedlich, ist aber Belästigung. Das will keine Frau, das muss keine Frau aushalten.

Nachpfeifen und Nachschreien brauchen kein Revival, die bleiben begraben. Es gibt tausend andere – respektvolle – Möglichkeiten, ins Gespräch zu kommen.