Ein Gesicht wie ein ungemachtes Bett
Von Polly Adler
Was für ein Abgang! Als ich Macron eine Eloge auf Bébels Begräbnis sprechen sah, dachte ich an jenen Nachmittag in den 1990ern, als ich an Belmondos Tür in der Pariser Rue Saint Pères klingelte. Eigentlich hatte ich damit gerechnet, dass er, mit einer Hand lässig an einer Hubschrauber-Kufe baumelnd, öffnen würde. Doch Belmondo trug nur ein bisschen Hund in Form eines Yorkshire Terriers namens Chipie am Arm und viel lautes Gold um den Hals. Nur sein Gesicht, das sah noch immer wie ein ungemachtes Bett aus. Ich hatte mir diesen Besuch erschwindelt. In einer Kultur-Sendung hatte der damalige Außenminister Alois Mock seinem Faible für den Stunt-Romantiker Cyrano Ausdruck verliehen und dort auch den Sterbemonolog „Roxane, adieu! Je vais mourir!“ rezitiert. Belmondo war als Cyrano zu einem Gastspiel in Wien angesagt. Also rief ich im Außenamt an und erklärte dem Pressesprecher, dass Herr Belmondo von „Monsieur le Ministres“ Begeisterung für Rostands Tragödien gehört habe und sich gerne mit ihm darüber für mein Magazin unterhalten wolle. Denselben Trick wandte ich bei Bébels Agenten an. Es funktionierte. Keiner wagte es, den anderen abzuwimmeln. Das Gespräch war zwar dann von überschaubarem Esprit, aber die Kombi war schon nahezu die ganze Miete. Belmondo fragte den Außenminister nach dessen Lieblingsfilm mit ihm als Darsteller. Nach einer längeren Kunstpause meinte Mock, erfrischend ehrlich, dass ihm sein Job wenig Zeit zum Fernsehen ließe und er sich an keinen Titel, aber an einen Hubschrauber erinnern könne, an dem Monsieur eindrucksvoll balanciert sei. „Der Arme“, grinste Bébel nach dem Abmarsch der Politiker-Entourage, „er ist wenig ins Kino gekommen. Was sagst du dazu, Chipie? Man hat mit Godard gedreht, aber alle erinnern sich nur an die Hubschrauber“. Chipie kläffte sowas wie „C’est la vie, mon papa!“
Lesung: Martina Ebm & Michael Maertens lesen aus Polly Adlers „Echt. Jetzt!“: 26.9. um 11 Uhr im Wiener Rabenhof.