Kolumnen/Cafe Kralicek

Warum man im Kaffeehaus nie ein stilles Wasser bestellen soll

Wiener Wasser. Dass zum Kaffee ein Glas Wasser serviert wird, versteht sich in einem Wiener Kaffeehaus von selbst. Rund um diese schöne Geste ranken sich zahlreiche Legenden. Eine davon besagt, bei dem Wasserglas habe es sich um eine Art Gütesiegel gehandelt: Lokale, die zum Brühen ihres Mokkas kein abgekochtes Brunnenwasser, sondern frisches Quellwasser verwendeten, sollen das stolz zur Schau gestellt haben.

Zumindest Letzteres ist in Wien nicht mehr nötig, seit vor 150 Jahren die Erste Hochquellenleitung in Betrieb genommen wurde. Sollte der Kaffee in einem Wiener Kaffeehaus also wieder einmal ungenießbar sein: Am Wasser liegt es sicher nicht.

Im Café Kralicek wird großer Wert auf guten Kaffee gelegt, und das Wiener Wasser wird hier geradezu kultisch verehrt. Manche Stammgäste behaupten sogar, unterscheiden zu können, ob ihr Wasser mehr Anteile aus der Ersten Hochquellenleitung (Rax, Schneeberg) oder aus der Zweiten (Hochschwab) hat. Wasser aus ersterer schmecke etwas „mineralischer“, das aus letzterer irgendwie „frischer“. Und ja, manchmal können die Stammgäste des Cafés ein wenig schrullig sein.

Stilles Wasser. In Wien ist das Leitungswasser so gut, dass man sich fragt, wozu es in dieser Stadt stilles Mineralwasser gibt. Gekauft wird es hauptsächlich von Touristen, die sich vor der Reise nicht richtig informiert haben. Wiens populärster Piefke, Dirk Stermann, hat in der Süddeutschen Zeitung dazu kürzlich eine hübsche Anekdote erzählt. Vor Jahrzehnten wurde er von den Eltern seiner damaligen Freundin zum Abendessen eingeladen und bestellte ein stilles Mineralwasser. Worauf ihn der Vater, ein sonst sehr ruhiger Orchestermusiker, anbrüllte: „Das trinkt man hier nicht!“

Im Café Kralicek wäre Stermann das nicht passiert. Dort steht stilles Mineralwasser nämlich gar nicht auf der Getränkekarte. Wozu auch?