Lang lebe das Espresso Monika
Espresso. Obwohl das Kaffeehaussterben viele Opfer gefordert hat, scheint die Zukunft der Spezies nicht ernstlich gefährdet. Und wenn, dann ist es nicht das innerstädtische Kaffeehaus, um das man sich Sorgen machen muss, sondern das Vorstadtcafé. Das Espresso am Eck, gern nach Frauen (Gabi, Rosi, Monika) benannt, wird immer seltener. Dabei erfüllt es wichtige Funktionen in der Stadt.
Das Espresso ist ein gastronomischer Nahversorger, der sehr individuell interpretiert wird. Eine Variante ist die proletarische Version eines Kaffeehauses. Alles, was es in einem Innenstadtcafé gibt, ist auch hier vorhanden, nur in einfacherer Form. Die Tische haben keine Tischtücher, die Ober tragen keine weißen Hemden, und statt der Neuen Zürcher Zeitung gibt’s den Lesezirkel.
Manche Espressos sind verkappte Beisln, in denen die Singles aus dem Grätzel („für mich allein lohnt sich das Kochen ja nicht“) sämtliche Mahlzeiten des Tages einnehmen. Das sind oft sehr gastliche Lokale, in denen man gut und günstig essen kann.
Andere Espressos gehen eher in Richtung Kaschemme. Vor dem Rauchverbot wurde dort so viel getschickt, dass man den Geruch nie mehr rausbringt. Es handelt sich um Anlaufstellen für alle, die am Abend einfach nicht nach Hause finden. Und zwar jeden Abend. Für Stammgäste sind diese Lokale wie ein Wohnzimmer. Das ist zweifellos eine Qualität. Das Problem ist nur: Wer sich als Nicht-Stammgast zufällig in so ein Espresso verirrt, dem kann es gehen wie dem Fremden im Western, der den Saloon betritt – und die Gespräche verstummen.
Warum stirbt das Espresso? Weil man dort nicht mehr rauchen darf (und vielleicht auch, weil viele Stammgäste das Rauchen nicht überlebt haben). Weil alle in den trostlosen Wettcafés hocken. Weil die Vorstadt nicht mehr die Vorstadt ist.