Kolumnen/Cafe Kralicek

Loblied auf einen Stammgast, der gut gealtert ist

 

Treue Seele. Herr K ist Stammgast des Café Kralicek, und zwar einer der allertreuesten. Er ist jeden Tag da, auch an Sonn- und Feiertagen. Bei den anderen Gästen ist Herr K allseits beliebt, weil er viel weiß, aber auch gut zuhören kann. Er ist nicht mehr der Jüngste, hat sich aber gut gehalten.

Sie schätzen seine Vielseitigkeit, sie lachen über seine Schmähs, und obwohl es auch Seiten an ihm gibt, die ein echtes Rätsel sind, beklagen sie sich darüber nicht. Ganz im Gegenteil: Manche schätzen gerade diese Seiten an ihm besonders.

Politik und Wirtschaft, Sport und Kultur: Man kann sich mit dem Herrn K über alle möglichen Themen austauschen – über das gestrige Rapidmatch weiß er ebenso Bescheid wie über die jüngste Burgtheaterpremiere. Herr K weiß immer die neuesten Geschichten, er kennt Gott und die Welt, und ein wandelndes Lexikon ist er auch.

Rund um die Uhr. Die Kommunikation mit ihm ist zwar etwas einseitig – Herr K neigt zum Monologisieren –, aber das stört komischerweise niemanden. Herr K kann eigentlich mit jedem, und wenn es doch einmal zu einem Streit kommt, wahrt er stets die Contenance. Früher oder später sieht der andere dann ein, dass K sich nicht provozieren lässt, und sucht sich ein anderes Opfer.

Auch beim Chef ist Herr K sehr beliebt. Er konsumiert zwar selbst wenig, lockt mit seiner Art aber viele Gäste ins Café. Außerdem ist er ein ruhiger Zeitgenosse, der sich entweder dezent irgendwo dazugesellt oder still auf seinem Stammplatz abhängt. Man trifft den Herrn K zu praktisch jeder Tageszeit an. Meistens ist er der Letzte, der geht, und manchmal sieht er dann schon etwas ramponiert aus. Aber egal, wie spät es wird: Am nächsten Tag in der Früh sieht er jedes Mal wieder aus wie neu geboren.

Alles Gute. Jedes Wiener Kaffeehaus hat seinen Herrn K. Stellvertretend für alle wünscht das Café Kralicek dem KURIER alles Gute zum 70. Geburtstag.