Servus die Wadln: eine erste TV-Bilanz der Europameisterschaft
Fußball & Fernsehen. Die Stammgäste im Sportcafé Kralicek sind sich einig: Jedes EM-Spiel wird geschaut. Umstritten ist nur die Frage, wo geschaut werden soll: auf einem österreichischen oder auf einem deutschen Sender. Die Experten Bastian Schweinsteiger oder Christoph Kramer können durchaus Argumente sein, die EM auf ARD oder ZDF zu „kucken“ (um im passenden Idiom zu bleiben); die von RTL übertragenen Spiele allerdings – mit Experte Stefan Effenberg und nervig aufgekratztem Fußball-Show-Getue – sind definitiv keine Option. Viele Gäste haben übrigens gar nicht gewusst, dass es RTL überhaupt noch gibt. „Das Letzte, was ich dort gesehen hab’, war ,Tutti Frutti‘“, gesteht einer. „Und da war ich zwölf.“
Meistens läuft im Café aber eh Servus oder ORF. Was besser ist, wird lebhaft diskutiert. Die ORF-Hater sind dankbar für jedes Match, das sie ohne die witzlosen Wortspiele von Oliver Polzer oder die sinnlosen Floskeln des Thomas König genießen dürfen. Die Servus-Skeptiker stoßen sich an der penetranten Lockerheit und der permanenten Feelgood-Stimmung. Die meisten aber finden, dass Servus sich nicht schlecht schlägt. Im Studio überzeugt der norwegische Ex-Rapidler Jan Åge Fjørtoft zwar mehr mit seiner sympathischen Art als mit seinen Analysen, die als Co-Kommentatoren engagierten Ex-Kicker aber sind tendenziell besser als die beim ORF. Besonders gut kommt bei den Stammgästen der frühere ÖFB-Stürmer Martin Harnik an – obwohl der sich vom Dialekt her eher nach ARD anhört.
Das TV-Highlight dieser EM aber lieferte der ORF. Für das Interview, das Armin Wolf in der „ZiB 2“ nach dem tragischen Ausscheiden Österreichs mit ÖFB-Sportdirektor Peter Schöttel führte, gab’s im Café Szenenapplaus. Was so besonders daran war? Wolf, der kein Fußballexperte ist, stellte diesmal Fragen, weil er etwas wissen wollte – und nicht, weil er performen wollte. Und Schöttel, der kein Politiker ist, antwortete darauf. So einfach kann Fußball sein.