Kolumnen

BH, Maske und Freiheit

Wenn das Sprengen von Ketten Freiheit bedeutet, fällt dann das Öffnen der BH-Haken im Homeoffice auch schon unter Befreiung? Seit einigen Wochen wird in Modekreisen das Ende des BHs ausgerufen. Jetzt geht uns Corona also auch noch an die Wäsche. Unter dem Titel „Ist es Zeit, den BH für immer abzuwerfen?“ schreibt die Vogue, dass die Verlegung des Arbeitsplatzes in die eigenen vier Wände gezeigt habe, dass das ständige BH-Tragen nicht mehr sei als „das Festhalten an überholten sozialen Normen“.

Hat also paradoxerweise ausgerechnet der Lockdown die Befreiung gebracht? Und bedeutet das Ablegen des BHs (so wie die angebliche neue Salonfähigkeit der Jogginghose) tatsächlich ein Stück Freiheit?

Kaum ein Kleidungsstück ist ideologisch so überfrachtet wie der BH. Außer vielleicht derzeit: die Maske. Und auch da ist die Freiheitsdebatte paradox. Die einen sehen in ihr einen Garant für Freiheit, weil sie hoffen, so den nächsten Lockdown zu verhindern. Für die anderen ist die Maske der Stoff, aus dem die Freiheitsberaubung ist.