Lektion 15: Wieso man sich für die britische Sauna warm anziehen sollte
Von Anna-Maria Bauer
„Sauna & Dip?“ Nach dem Vorschlag der Freundin wurde nicht lange überlegt. Eine Spa-Auszeit wäre in der Vorweihnachtszeit genau richtig. Vielleicht wäre im Ruheraum endlich Zeit, das Buch auslesen, das seit Wochen am Nachttisch liegt. Beschwingt wurden Bikini, Flip-Flops, Handtuch in die Badetasche gepackt, der Postcode in Google Maps eingegeben. Sogar der dichte Nachmittagsverkehr war egal.
Im Nachhinein hätte bereits der unbeleuchtete Forstweg stutzig machen sollen. Aber vielleicht – so der naive Gedanke – lag das Ressort sehr abgelegen, richtig versteckt, eine echte Ruheoase. Umso besser!
Verfahren?
You have arrived. Doch das Saunieren und Eintauchen war wörtlich zu nehmen. Im Kegel der Scheinwerfer ist kein Ressort auszumachen, sondern ein Rezeptionsstand mit knisterndem Lagerfeuer, eine helle Holzhütte, aus dessen Rauchfang weiße Wolken waberten, und dahinter die Dunkelheit des Mytchett Quay.
Die Briten sind eigentlich keine Sauna-Nation. Vielleicht liegt es am Kältebewusstsein. Wer schon bei 10 Grad keine Jacke mehr braucht und bei 25 Grad Hitzewarnungen vom staatlichen Radio erhält, findet die 80 Grad einer Sauna wenig wohltuend. Doch was sie seit Kurzem lieben: Winterliche Pop-up-Saunen am Strand oder Seeufer.
Der Mytchett Quay vor uns kommt an diesem Abend auf 6 Grad. Zitternd wird in der ungewärmten Umkleidekabine die Kleidung (bis auf den Bikini) abgelegt. Mit dem Handtuch eng um den Körper geschlungen und auf dünnen Flip-Flops geht es über den eisigen Boden; scharfe Blitze schießen durch die Sohlen. Doch in der Sauna dringt die Hitze in jede Pore, das Fenster gibt einen idyllischen Blick auf den See frei. Beim dritten Versuch tauchen dann sogar die Schultern im See unter. Und am Ende ist die Begeisterung so groß, dass der nächste Termin ausgemacht wird.
Vielleicht färbt Kälteresistenz ja ab.