Kolumnen

Alle Flugzeuge fliegen nach Rom

Jede Reise beginnt mit dem ersten Schritt. Bei bei mir beginnt sie mit Flugangst. Sie kann ganz leicht sein, wie eine seelische Druckstelle, sie kann aufdringlich und laut sein – oder  so stark, dass sie mich lähmt. Einmal bekam ich nach einer Zwischenlandung  eine so heftige Panikattacke, dass ich mich am Flughafen Düsseldorf auf den Boden setzte und mich weigerte, je wieder aufzustehen. Meine damalige Freundin fütterte mich mit Gin und Xanor, und dann ging es wieder. Gut war das, denn sonst wäre ich nie nach Curaçao gekommen, was schade gewesen wäre.

Diesmal zeigte sich die Flugangst zunächst gar nicht. Fröhlich bestieg ich das Flugzeug nach Rom. (Ich hätte ja irgendeines nehmen können, denn alle Wege führen bekanntlich nach Rom, also auch alle Flüge, aber ich wollte auf Nummer sicher gehen.)

Als ich angeschnallt saß, biss sie mich in den Hintern: die Angst. Ich unterdrückte irgendwie den Wunsch, aufzuspringen und aus dem Flugzeug zu rennen, als ich einen unangenehmen Geruch bemerkte: Neben mir saß ein französischer Priester, der  hemmungslos stank – nach Angstschweiß. In seinem Gesicht stand die nackte Panik, und er las auf seinem Handy die Bibel. Und zwar tatsächlich den berühmten 23. Psalm, den „Hirtenpsalm“: „Und wenn ich auch wandere im finsteren Tal, ich fürchte kein Unglück, denn du bist bei mir.“

Ich verstehe zwar fast kein Französisch, aber ich las den ganzen Flug über mit meinem olfaktorisch auffälligen Sitznachbarn gemeinsam Bibel-Psalme auf Französisch, und siehe: Nicht stürzten wir ab!

In Rom bestieg ich dann angstfrei (ich habe keine Zugangst) den Leonardo-Express Richtung Zentrum, mir gegenüber saß eine Familie aus Oberösterreich, und die Mutter  erklärte ihrer Tochter, dass Rom am Po liege und daher eine sehr flache Stadt sei. Aber immerhin: niemand stank. Ich schloss die Augen und freute mich auf sieben Hügel und diverse finstere Täler dazwischen.