Spiele und Apps erfinden, die die Welt verändern können…
Von Heinz Wagner
Ich habe Blechdosen, wo kann ich die entsorgen – und zwar getrennt, damit sie in den Kreislauf der Wiederverwertung (Recycling) kommen? Und nicht einfach im nächsten Mistkübel bunt gemischt landen oder gar irgendwo auf die Straße fallen gelassen werden?
Das ist die Grundidee einer App, die sich Dana und Noah einfallen haben lassen. Du gibst die Müll-Art ein und schon zeigen dir Punkte auf dem Stadtplan, wo der nächstgelegene entsprechende Container steht. „Das ist noch nicht fertig, aber so ungefähr soll’s funktionieren“, erklärt Dana dem Kinder-KURIER.
Als die beiden Kinder ihre Idee – auch mit einer Animation – vor den anderen Kindern sowie Gästen und Medienleuten präsentieren, geht die erste von mehreren einwöchigen Camps für Kinder bzw. Jugendliche im mehrstöckigen modernen Start-Up-Zentrum WeXerate zwischen Prater- und Taborstraße gegenüber dem Schwedenplatz schön langsam zu Ende.
Teamarbeit und Sport
Meist zu zweit oder dritt sitzen Kids rund um einen Laptop, programmieren und designen. Vor allem aber reden sie viel miteinander. Bevor sie in die digitale Welt einsteigen, haben sie mehr oder weniger lang überlegt und diskutiert, was sie in dieser Woche entwickeln wollen. Und zwischendurch stehen sie auf, spielen mit Softbällen auf kleine, mobile, leichte Tore bzw. über ein Netz oder versuchen mit noch kleineren Bällen mit Klettbändern diese auf eine Stoff-Dart-Scheibe zu treffen. Oder spannen erstmals einen Bogen, um mit dem Pfeil möglichst die Zielscheibe zu treffen. Ein kleiner Tischtennistisch steht auch bereit.
Sport spielt bei den Camps eine wichtige Rolle. Nicht nur in einem der nun umgebauten Seminarräume im genannten Startup-Zentrum. Ausflüge in eine Kletterhalle bzw. in den Augarten und den grünen Prater um sich mehr oder im Freien austoben zu können, sind Teil der Camp-Woche. So sind motion4kids und Sportbox neben DaVinciLab und 4GameChangers weitere Partner dieser bis Ende August laufenden wöchentlichen Camps. Eine Studie in Deutschland habe, so motion4kids-Vertreter Helmut Löschenberger, ergeben, dass Kinder, die eine Woche weniger Mathe und dafür Sport hatten, auch in Mathe besser waren als die Vergleichsgruppe.
Herz, Hand und Kopf
„Wir wollen Herz, Hand und Kopf verbinden“, verwies DaVinciLab-Geschäftsführerin Anna Gawin auf ihre Workshops, die in den bisherigen drei Jahren bereits von rund 6500 Kindern besucht wurden. „Uns ist die Verknüpfung von digitalen und sozialen Kompetenzen wichtig, deshalb machen wir auch kostenlose Workshops in Brennpunktschulen“, ergänzte sie auf die Frage des Kinder-KURIER, wegen der mit ca. 350 Euro nicht gerade billigen Ferien-Camps.
Funktionstüchtige App
In den Ferien-Camps tauchen Kinder mit dem DaVinciLab und Jugendliche mit GameChanger tief in die digitale Welt ein. Sie lernen etwa programmieren, können sie’s schon, dann erweitern sie ihre entsprechenden Fähigkeiten.
Wechsel zu den Älteren: Patrick, Laurenz (beide 13) und Erik (15) nahmen sich vor, einen CO2-Vermeidungs-Routenplaner zu entwickeln. Erik war der Spezialist für die Programmierung, „weil ich das schon konnte“. Patrick kümmerte sich um das Design der App und Laurenz programmierte mit Scratch ein passendes Spiel zum Thema. Wie bei anderen Routenplanern gibst du Start und Ziel ein, doch hier wird nicht nur berechnet, wie lange zu brauchst, sondern auch wie viel Schadstoffe du mit welcher Fortbewegungsart produzierst. Die App funktioniert nach dieser nicht einmal ganzen Woche bereits ansatzweise. Bei ihrer Präsentation haderten sie nur mit dem seeeehr langsamen Tablet, das mit dem Beamer verbunden war. Auf dem Handy, für das sie es programmiert hatten, lief’s viel schneller.
Sportförderung
Ben und Maurice, die beiden anderen Jugendlichen im GameChanger-Camp nahmen sich eines anderen wichtigen Themas an. „Weil viele Jugendliche keinen oder wenig Sport machen, haben wir uns eine App überlegt, mit der wir Jugendliche motivieren können, sich mehr zu bewegen“, erklären die beiden dem Kinder-KURIER. Ihr Ansatz: Ehrgeiz und Rivalität mit Freunden.
In der App kann man beispielsweise sehen, wie viel der eine oder andere Freund schon gelaufen ist. Das soll anspornen. Bei Angabe, wo er gerade läuft, könnte es vielleicht animieren, gleich mitzulaufen. So erklären die beiden, von denen der eine Fuß- und der andere Baseball spielt, das Grundprinzip. „Wir bräuchten nur noch jemanden, der „Fit compete“, wie sie ihre App nennen, auch programmiert. Neben der Grundidee für die App haben sie in dieser Camp-Woche einen kleinen micro:bit-Computer als Schrittzähler programmiert.
Wie die fünf Jugendlichen zeigen: Mädchenmangel. Mehr Mädchen zum Programmieren zur Digitalität, in der Zukunft steckt, zu bringen, ist ein wichtiges Anliegen von Nina Kaiser, Co-Gründerin des 4Gamechengers Festivals. Bei den Jüngeren, denen die im DaVinciLab Roboter steuern oder anders spielend programmieren lernen, sieht’s schon viel besser aus, was den Mädchenanteil betrifft.
Tägliche Umweltaufgaben
Inhaltlich dreht sich hier fast alles rund um Klimaschutz. Die Mülltrenn-App von Dana und Noah ist oben schon beschrieben worden. Vivien und Naomi haben sich „eine Kalender-App ausgedacht, bei der du jeden Tag eine andere Aufgabe kriegst, wie du der Umwelt helfen kannst. An einem Tag vielleicht, dass du an gar kein Plastik verwendest oder an einem anderen Tag keinen Müll machst… Für jeden Tag, wo du die Aufgaben erfüllst, kriegst du Punkte. Bei zehn Punkten gibt’s Gutscheine für umweltfreundliche Dinge wie Fahrkarten für öffentliche Verkehrsmittel“, schildern die beiden ihre App-Idee.
Ein ähnliches Konzept verfolgen Shirin (10) und Caroline (11) mit ihrem Vorschlag. Bei „Helden der Zukunft“ werden ebenfalls umweltrelevante Aufgaben gestellt wie beispielsweise einen Tag keine tierischen Produkte oder kein Plastik zu verwenden. Auch ihre App sieht als Anreiz Gutscheine vor, etwa für einen Einkauf in einem Supermarkt, der keine Verpackungen verwendet.
Müllsammel-Spiel
Die beiden neunjährigen Elisabeth und Lara sowie Raphael (7) haben gemeinsam mit Scratch ein kleines Unterwasserspiel programmiert. „Damit die Fische überleben können, muss der Müll, den die Leute ins Wasser schmeißen, eingesammelt werden“, erklärt das Trio das Game. „Wir sind noch nicht ganz fertig. Wir haben mehrere Levels. In jedem muss mehr Müll gesammelt werden, weil immer neuer dazukommt. Es klappt aber noch nicht ganz, dass du von einem Level ins nächste kommst“, erzählen sie, dass sie noch einige Programmierarbeit vor sich haben.
Klein-Roboter
So wie andere Gruppen hier im Camp der Jüngeren haben sie aber nicht nur digital programmiert, sondern aus Legosteinen auch etwas gebaut, das sie über den Laptop programmieren. Die drei genannten Kinder zeigen dem KiKu eine Gottesanbeterin. „Die hat uns am besten gefallen, drum haben wir uns die ausgesucht und gebaut. Aus anderen Steinen haben wir kleine Teile gebaut, die sollen Müll sein. Wir programmieren die Gottesanbeterin so, dass sie diese Teile aufsammeln kann“, zeigen sie erste erfolgreiche Schritte vor und versuchen dabei die Bewegungsabläufe ihres Tieres programmiertechnisch zu verbessern.
https://www.gamechangercamps.com/