Sonderpreis Digital Education: Umgebautes Akkordeon und Lerngames
Von Heinz Wagner
Musik wird automatisch zu Noten
1. Platz: HTL Stadt Salzburg: Direkt von der Ziehharmonika in den Laptop
Was tun, wenn du eine Melodie hörst, sie nachspielen willst, es dafür aber keine Noten gibt? Nicht jede oder jeder kann nach Gehör ein Musikstück nachspielen.
Mit diesem Problem trat ein Akkordeonlehrer an seinen Schüler Markus Dygruber, weil er wusste, dass der im Hauptberuf die HTL in der Stadt
Salzburg besucht. Dygruber und sein Kollege
Fabian Weng tüftelten daher an einer Hard- und Software-Lösung, um gespielte Musik sofort in die „Griffschrift“ zu übersetzen, das ist eine spezielle Notation für die sogenannte „Steirische“, eine Ziehharmonika mit Knöpferln statt Tasten.
Dygruber begann mit sieben Jahren auf diesem Instrument zu spielen. Es hat übrigens nichts mit der Steiermark zu tun, erklärt er dem Kinder-KURIER, „es steht für ländlich im Allgemeinen“.
Er und sein Kompagnon ersannen eine Lösung, zerlegten dafür ein solches
Akkordeon und bauten Sensoren und elektronische Bauteile ein. „Durch den Blasebalg ist in der Harmonika ja genug Platz“, erläutern sie, weshalb das Instrument dadurch fürs Musizieren nicht beeinträchtig wird.
Dann schrieben sie ein eigenes Programm, das die Ergebnisse der Messungen der Sensoren in Noten und Griffe übersetzt. Wenn der jugendliche Musiker spielt, kann via USB-Kabel die Melodie sofort auf den Laptop übertragen und in der „Griffschrift“ angezeigt werden.
Das Programm der beiden ermöglicht es aber auch, nachträglich noch Noten oder Griffe zu verändern. die Idee ist aber nicht, möglichst viele Ziehharmonikas umzubauen, sondern ein klassisches Schulungs- und Lerninstrument zu haben, dessen Verleih sie sich vorstellen können. Ihr Projekt, das sie in Lederhosen und Tracht vorstellten, nannten sie „iZiach“.
Kurzes Video (vom Ax-Award):
Online-Adventure mit Physik-Beispielen
2. Platz: Die Graphische ( Wien): Die wahrscheinlich wundersamste Wurmlochreise der Weltgeschichte - ein Abenteuer, das scheinbar nie passiert ist
Ein interaktives Physikbuch für Kinder, bzw. ein erstes Kapitel davon, schufen Ramona Petrovitsch, Christina Schmollmüller, Marilena Schdlmayer von der „Graphischen“ in Wien mit ihrem projekt, das den längsten aller Titel trägt: „Die wahrscheinlich wundersamste Wurmlochreise der Weltgeschichte – ein Abenteuer, das scheinbar nie passiert ist“. Von der Geschichte über die Zeichnungen, die Animationen über die Musik bis zur Programmierung dieser Website – und nicht zuletzt eine sehr fantasievolle Gestaltung ihres Messestandes beim Bundesfinale haben die drei alles bewerkstelligt. Ausgangspunkt war, so die Jugendlichen, dass „wir im Physikunterricht für Stoffwiederholungen Grafic Novels zeichnen sollten. Daraus ist dann diese Idee - eines interaktiven Physikbuchs für Kinder als Abenteuerreise durch die Geschichte des Lichts entstanden. Aber es geht nicht nur um Licht, sondern auch um andere Kapitel aus dem Physikunterricht.“ Und ihre Website animiert stark zum Lesen, um zu wissen, wie die Geschichte weitergeht.
„Ich chatte nicht, ich lerne!“
3. Platz: Gymnasium /Sir Karl Popper Schule (Wien): Maturameister
Ein sehr schulpraxisnahes Projekt brachten Antonia Hotter, Konstantin Klingler und Zeno Kujawa aus dem Wiedner Gymnasium/Sir-Karl-Popper-Schule ins Bundesfinale: „Maturameister“ stellte Aufgaben zum ersten Teil (Multiple Choice) der schriftlichen Mathe-Matura ins Netz. Es braucht keine App runtergeladen zu werden. Als Chatbot funktioniert die Lernhilfe im Facebook Messenger. Statt intensive wenige Tage vor der Prüfung reinzustrebern, spielen und üben Hunderte Maturant_innen schon seit Wochen und Monaten – einfach zwischendurch im Bus, der U-Bahn oder beim Warten auf Öffis oder sonstwo. „Wir holen die Jugendlichen dort ab, wo sie schon sind, am Handy“, meinten Hotter und Klingler beim Halbfinale zum Kinder-KURIER.
Um künftig bessere Ergebnisse der Mathe-Zentralmatura zustande zu bringen, bräuchte es offenbar auch Beispiele von Teil 2 bzw. offenbar vor allem Übungen zu sinnerfassendem Lesen, nachdem das schlechte Ergebnis der diesjährigen Abschlussprüfung – wie kolportiert – vor allem auf ungenaues oder gar Missverständnis der Angaben zurückzuführen sind.
Analoges Kartenspiel gegen digitale Gefahren
Anerkennungspreis: Die Graphische (Wien): Generation Y
Anna Kaufmann und Sonja Groiss, Schülerinnen der „Graphischen“ (Wien) haben sich mit einem wesentlichen Aspekt des digitalen Zeitalters auseinandergesetzt. In den vergangenen Wochen war dieser vor allem durch die missbräuchliche Verwendung von Facebook-Daten von fast 100 Millionen Nutzer_innen und zuletzt durch die Mailflut von Newsletter-Versender-Firmen und Organisationen aufgrund der Datenschutzgrundverordnung (DSVGO) allgegenwärtig: Der Umgang mit Daten und Informationen. Dazu haben sich die beiden Jugendlichen ein – allerdings analoges – Kartenspiel ausgedacht. An mehr als einem Dutzend Tagen haben sie ihr Spiel „Generation Y“ mit anderen getestet. Auch an den drei Tagen im Bundesfinale spielten etliche andere Finalist_innen mit den beiden dieses Strategie-Spiel. Auf spielerische Art und Weise werden Nachdenkprozesse über die – sorglose – Weitergabe von Informationen und die mögliche Einschränkung von Grundfreiheiten und Demokratie in Gang gesetzt.
Lernspiel mit möglichen psychologischen Hintergründen
Anerkennungspreis: Die Graphische (Wien): „Planemo: A Gardener’s Tale“.
Schülerinnen der „Graphischen“ dominierten den neuen Sonderpreis, den es trotz Zusammensetzung der Innovationsstiftung durch die neue Regierung auch im kommenden Jahr wieder geben wird, wie Ministerialrat Christian Dorninger dem Kinder-KURIER am Rande der Preisverleihung des diesjährigen Bundesbewerbes versicherte.
Noch ein digitales Lernspiel kommt aus diesem „Stall“: „Planemo: A Gardener’s Tale“. Das Videospiel soll, so seine Erfinder_innen, „vor allem das Gefühl der eigenen Bedeutungslosigkeit und dessen psychologische Hintergründe interaktiv behandeln und bereits jungen Menschen beibringen, sich selbst mehr wertzuschätzen. Durch eine sehr detailliert durchdachte Gestaltung der Charaktere und der Spielwelten werden komplexe psychologische und philosophische Theorien interaktiv greifbar gemacht. Mit einer Vielzahl von ausdrucksvollen Illustrationen und Animationen, inspiriert durch die Tiefsee und dem Weltall, sowie einer kinder- und behindertengerechte Typografie und Menüführung soll das Interesse der Zielgruppe gesteigert werden“, heißt es – vieles davon ist aber noch nicht vorhanden, soll aber noch das Spiel bereichern.