Lachen ist mehr als das Gesicht verziehen
Von Heinz Wagner
"Lachen ist Freiheit nach innen. Wer nicht lachen kann, der kann auch nicht staunen.“
James Krüss, Timm Thaler oder Das verkaufte Lachen
Was kann anstecken, zwar manchmal schmerzen, aber ist nicht krank? Lachen. Mit vielen (kindlichen) Lachern ins Dunkel der Bühne beginnen die zwei Stunden der bekannten Geschichte von James Krüss: „Timm Thaler oder das verkaufte Lachen“.
Die Story
Die Story des schon vor fast 60 Jahren geschriebenen Buches ist – für jene, die sie nicht kennen – kurz erzählt: Der anfangs 12-jährige Timm ist für sein Lachen bekannt, nur seine Stiefmutter und ihr Sohn, denen er nach dem Tod des geliebten Vaters ausgeliefert ist, hassen ihn - auch dafür. Da taucht eines Tages Baron Lefuet (der Teufel steckt im Namen!) auf und bietet ihm einen Deal an: Er, der nicht lachen kann, will diese Gabe Timms haben, dafür könne Timm jede Wette gewinnen. So wird Timm Thaler reich, aber nur materiell, verkümmert aber seelisch. Selbstverständlich kommt’s zu einem Happy End und Timm trickst den Baron mit einer entsprechend formulierten Wette aus. Erinnert doch ein wenig an so manche Sage oder nicht zuletzt an Goethes „Faust“.
Schwierig, nicht lachen zu dürfen
Aber selbst für jene, die die Handlung und deren Wendungen kennen, sind die zwei Stunden im Renaissancetheater (dem größeren der beiden Häuser des Theaters der Jugend in Wien) ein spannendes Vergnügen, bei dem es immer wieder viel zu lachen gibt – nur nicht für Stefan Rosenthal, den Darsteller der Hauptfigur. „Das war sicher das Schwierigste“, gesteht der Schauspieler nach der Premiere dem Kinder-KURIER.
„Es sagt sich vielleicht so leicht, lach halt einfach nicht. Aber wenn du dich damit beschäftigst, kommst du erst drauf, dass Lachen oder wenigstens Lächeln immer wieder ein Teil der alltäglichen Kommunikation ist – und Teil des schauspielerischen Ausdrucks. Lachen ist nicht nur eine äußerliche Funktion, sondern auch eine Emotion. Dieses Gefühl fehlt dir bei dieser Rolle (mit Ausnahme von Anfang und Ende). Es war gar nicht einfach zu üben.“ Aber genial geschafft. Immer wieder gibt es Situationen, wo Rosenthal als Timm Thaler zu Lachen zu Mute wäre, sein Gesicht sich zu einem Lachen oder Lächeln zu verziehen beginnt, die Züge aber einfrieren. Parallel dazu verliert die Figur auch ihre innere Fröhlichkeit, wird kalt und immer kälter, wenngleich es Rosenthal schafft, Timm trotz allem nicht unsympathisch werden zu lassen.
Aktuelle Bezüge zum realen Leben
Das Ensemble, das übrigens die Aufgabe der Regie gemeinsam übernommen hat, nachdem die Zusammenarbeit mit dem ursprünglich geplanten Regisseur nach rund drei Wochen beendet worden war, hat über Krüss‘ Geschichten hinaus aktuelle Botschaften „mund“gerecht eingebaut. So will Timm Thaler Methoden zu noch mehr Reichtum aufs Korn nehmen: Quellwasser in Flaschen abfüllen und verkaufen. Aber nein, seine „Helferleins“ wie der teuflische Baron, greifen genau diese Idee auf. Ach ja, das gibt’s ja in unserer Wirklichkeit massenhaft ;(
Kinder, die 14 Stunden am Tag arbeiten müssen und keine Chance haben, eine Schule zu besuchen und etwas zu lernen, auf der einen und der unermessliche Reichtum auf der anderen Seite werden ebenso – nicht aufgesetzt, sondern gut ins Geschehen eingebaut, thematisiert.
Das achtköpfige Ensemble spielt mehr als zwei Dutzend Rollen, wobei es zusätzlichen Witz versprüht, dass etwa die bösartige Frau Thaler später unter anderem eine Dienerin ihres zu Reichtum gekommenen Stiefsohnes gibt.
Gemeinsame Regie
Ob es nicht schwierig gewesen sei, als Ensemble die Rollen zu proben und gleichzeitig Regie zu führen? Diese Frage beantwortet Rosenthal so: „Wir haben sicher viel mehr gemeinsam über das Stück gesprochen als sonst und wir hatten eine starke Dramaturgie mit Sebastian Lagiewski. Außerdem waren auch der Chefdramaturg und der Theaterdirektor öfter bei den Proben.“
Infos: Was? Wer? Wann? Wo?
Timm Thaler oder Das verkaufte Lachen
von James Krüss
Ab 6 J., 2 Stunden
Timm Thaler: Stefan Rosenthal
Baron Lefuet: Uwe Achilles
Frau Thaler / Zimmermädchen / Mrs. Penny / Ikone: Emese Fay
Erwin / Senhor van der Tholen: Markus Bernhard Börger
Frau Bebber / Frau Rickert / Kapitän / Stewardess: Karoline-Anni Reingraber
Kreschimir / Barkeeper / Diener: Pascal Groß
Timms Vater / Herr Rickert / Direktor Grandizzi / Arbeiter: Frank Engelhardt
Jonny / Selek Bei / Page: Sebastian Thiers
In weiteren Rollen: Ensemble
Regie: Ensemble
Dramaturgie: Sebastian von Lagiewski
Bühne: nach Entwürfen von Christian Kiehl
Kostüme: Valentina Mercedes Obergantschnig
Licht: Fritz Gmoser, Christian Holemy
Assistenz und Inspizienz: Felix Metzner
Hospitanz: Alma Stastny
Aufführungsrechte: Verlag für Kindertheater Weitendorf GmbH
Wann & wo?
Bis 9. März 2019
Renaissancetheater, 1070, Neubaugasse 36
Telefon: (01) 521 10-0
www.tdj.at