Kindheitstraum verwirklicht: Armen Kindern helfen
Von Heinz Wagner
Jenny Rasche hat als sie ungefähr sieben Jahre war, eine Fernsehreportage über Kinder in einem rumänischen Heim gesehen, zu heulen begonnen und gefragt: „Warum hilft niemand diesen armen Kindern?“
Mit Trauer und Wut begnügte sie sich damals schon nicht, erinnert sich die rothaarige, bunt tätowierte, erzählfreudige Mittdreißigerin im Gespräch mit dem Kinder-KURIER in ihrem „Kinderhaus“ am Rande des Stadtteils Selimbar von Sibiu (Rumänien, Siebenbürgen). Nach der TV-Doku sagte sie zu ihren Eltern: „Wenn ich groß bin, will ich ein Haus, wo solche Kinder leben können und niemand böse und lieblos zu ihnen ist.“
Vom „Problemkind“ zur Powerfrau
Sie selbst bezeichnet sich rückblickend als unangepasstes „Problemkind“, studierte dann aber später und zwar Theologie und soziale Arbeit. Nach der Scheidung von ihrem ersten Mann machte sie sich von Deutschland aus auf nach Rumänien, um letztlich ihren Kindheitstraum anzugehen und zu leben. Mit dabei schon eigene Kinder und noch wenig Plan aber den Willen zu helfen – nicht im Sinne von gönnerhaft Almosen gewähren, sondern dem was „neudeutsch“ Empowerment (Ermächtigung) bezeichnet wird.
Not- plus Lernhilfe
Dann ergaben sich so manche Zufälle – vom Kennenlernen eines neuen Ehemannes, der ähnlich tickt wie sie bis zum kräftigen Anpacken in einer Roma-Siedlung an der Müllhalde von Șura Mare, einer Kleinststadt nahe von Sibiu. Über – vor allem in Deutschland aufgetriebene – (Sach- und Geld-)Spenden und mittlerweile auch Patenschaften des dafür gegründeten Vereins „Kinderhilfe für Siebenbürgen“ begann sie ab 2003 zunächst in Cisnadie (Heltau), später in Sibiu (Hermannstadt) und Șura Mare (Groß Scheuern) konkrete Not- und Familienhilfe mit schulischer Nachhilfe zu verbinden.
Neben der Versorgung mit dem Notdürftigsten war Jenny Rasche - wie sie im KiKu-Gespräch mehrmals betont -, von Anfang an wichtig, dass die Kinder und Jugendlichen Schulbildung erhalten – als Basis dafür, um der Spirale des Elends zu entkommen. Mitunter auch gegen Widerstände von Familien-Patriarchen.
Aufrichten
In der nächsten Phase ging es darum, mit Hilfe zur Selbsthilfe möglichst alle Bewohner_innen dieser Siedlung zu aktivieren. Mit Holz und anderen Material-Spenden bauten die Menschen nun Häuser statt der vormaligen windschiefen Bretter- und Blechhütten.
„Du gehst nicht als niemand hier raus!“, ist ein Grundsatz, den sie – vor allem – Kindern und Jugendlichen vermitteln will und das ist die Maxime ihrer Hilfsprogramme. Nach anfänglicher Ignoranz bis Widerständen seitens der Behörden, wird Rasche nun immer wieder von der rumänischen Jugendwohlfahrt eingeladen, in Aus- und Weiterbildung von Sozialarbeiter_innen ihre theoretischen und praktischen Erkenntnisse weiterzugeben.
Vor mehreren Jahren mietete Rasche das oben angesprochene Haus in dem sie mit ihren fünf eigenen, zwei Pflegekindern und mehr als einem Dutzend betreuten Kindern und Jugendlichen lebt. Nachmittags kommen unter der Woche noch einmal rund ein Dutzend Kinder zur Lernbetreuung – immer inklusive Verpflegung.