Der Wind bringt den Strom fürs Flutlicht
Von Heinz Wagner
Julia und Malak schmiergeln kleine Holzstaberln schräg ab, die Lea zuerst von einer langen Stange der Einfachheit halber mit einem Seitenschneider abgezwickt statt gesägt hat. „Wir müssen die schräg abschleifen, weil wir sie als Stütze für unsere Bretter brauchen“, erklärt die Erstgenannte. Die Bretter stellen wir schräg auf und befestigen dann kleine, schmale Solar-Panele drauf“, ergänzt ihre Kollegin. Davor aber gibt Julia noch in die Suchmaschine Ecosia die Frage ein, welches der optimale Winkel fürs Sammeln von Sonnenenergie in Mitteleuropa ist. 60 bis 70 Grad lautet die Antwort. In diesem Winkel schneiden die beiden ein Stück Karton aus, um die Holzbretter bestmöglich auf eine hölzerne Grundplatte zu kleben.
Wir, das heißt Kinder-KURIER und SchauTV, befinden uns im Werkraum der Neuen MittelSchule Konstanziagasse (Wien-Donaustadt). Hier dürfen wir Jugendlichen zweier unverbindlicher Übungen (Physik sowie Elektronik) über die Schulter und auf die Finger schauen. Sie arbeiten an Projekten, die sie für den Schulwettbewerb „Power Up!“ von Wien Energie einreichen. 32 Klassen bzw. Projektgruppen aus Wiener Schulen (v. a. 7. Schulstufe) haben sich für den erstmals - und pilothaft - ausgetragenen Bewerb rund um erneuerbare Energien angemeldet (Preisverleihung ist am 28. Mai in der Erlebniswelt Spittelau).
Stadionbeleuchtung
Während die oben schon erwähnte Gruppe an der kleinen Solar-Anlage arbeitet, messen und malen Paola und Ilayda an einem hölzernen Fußballstadion. Wie breit und lang muss der Tor- bzw. Strafraum sein - auf den Maßstab des Modells heruntergerechnet. Die schon genannte Lea schneidet von weißem Moosgummi dünne Streifen mit der Schneidmaschine ab, damit ihre beiden Kolleginnen die Seiten- sowie die Begrenzungslinien der genannten Räume kleben können. An jeder der vier Ecken haben sie schon hölzerne Türmchen angebracht. „Da kommen dann noch kleine LED-Leuchten drauf, sozusagen unsere Flutlichtanlage“, stellen die Stadiongestalterinnen den Bezug zum Energie-Projekt her. An solchen „Licht-Türmen“ arbeiten auch Tobias und Tim eifrig.
Stromerzeugung
An der Stromerzeugung für die Stadionbeleuchtung arbeiten Jeanette und Sabrina. Die beiden bohren, schrauben und kleben an noch höheren hölzernen Türmen als den Flutlicht-Trägern des Fußballplatzes. Nun experimentieren sie mit kleinen Elektro-Motoren und Propellern aus Kunststoff. Wie müssen diese montiert werden, damit sie sich gut drehen können und nicht am Gestell schleifen oder gar hängen bleiben. Damit sie sich obendrein je nach Windrichtung ausrichten können, befestigen die beiden Konstrukteurinnen die Gerätschaft nicht direkt auf der Plattform der Türme, sondern auf einer weiteren Scheibe - und dazwischen metallene Beilagscheiben. So kann die Plattform mit den Windrädern rotieren. ABER: Wie ist das nun mit den Kabeln? Die würden sich beim Rotieren mit dem hölzernen Gestell verheddern. Dafür gibt’s am Vormittag unseres Lokalaugenscheins noch keine Lösung. Das bleibt als Aufgabe, für weitere Projektstunden.
Sonnenstrom
Noch ohne konkreten Plan dafür sehr experimentell machen sich Michael und Šima ans Werk. Sie versuchen sozusagen mehr Strom aus der Sonne herauszuholen. Dafür montieren sie zwölf der kleinen Solar-Panele auf einer Holzplatte und verkabeln sie miteinander - sie schalten sie in Serie. Schon auf dem Tische zeigt das Messgerät mehr als 4 Volt Spannung. Die beiden übersiedeln das Solarfeld, auf dem sie nun nur elf Panele haben, weil sich eines als kaputt herausgestellt hat, aufs Fensterbrett. Als sie Wolken kurzfristig verzogen haben, steigt die Spannungsanzeige auf 6 und mehr Volt. Es reicht, damit sich der nun angeschlossene Propeller dreht.
Experimente
In der Zwischenzeit experimentieren die beiden, die sich auch auf dem Laptop der Recherche physikalischer Fragen gewidmet haben, mit dem Entladen eines Akkus, der aussieht wie einer Batterie. Sie schließen möglichst viele Stromquellen an. „Wir wollen, dass der Akku leer ist, weil wir versuchen wollen, ihn dann mit Wind- oder Sonnen-Energie wieder aufzuladen.
Windmaschine
Während sie die Sonne „einfangen“, wenn sie gerade nicht von Wolken verdeckt wird, „zaubert“ der Physik- und Chemie-Lehrer Wolfgang Rendchen den Wind aus einer kleinen Maschine, einer Art kräftigem überdimensionalem Fön mit Schlauch. Die speist er aus Strom aus der Steckdose, aber hier geht’s ja vor allem ums Veranschaulichen.
Lektionen
Es wird aber nicht nur experimentiert und gewerkt. Zwischendurch gibt’s sozusagen Lektionen. In diesen erweisen sich der genannte Lehrer und sein Elektronik-Kollege, Peter Weber, vor allem als Meister geschickten Fragen stellen, sodass die Jugendlichen selber auf Antworten kommen - oder angeregt werden, noch weiter zu recherchieren. Zwei die neben den schon genannten Internet-suchern sich mit dem Thema erneuerbare Energien ebenso auseinandergesetzt haben wie mit der Funktionsweise von Motoren sind Lena und Aliyah. Sie haben einen der kleinen Elektromotoren auseinander gebastelt, zeigen die Kupferdraht-Wicklung darin und wie dank eines Magneten die Drahtspule Energie erzeugt und einen der kleinen Propeller drehen lässt.
Doku-Team
Für den Bewerb „Power Up!“ fertigen die Jugendlichen hier aber nicht nur die Modelle an, ein kleines Team hat sich der Dokumentation verschrieben. Lukas und Marc filmen mit einer kleinen Kamera, die über eine App und ein internes WLAN gleich auf ein Tablet überträgt. Da die Tonqualität dabei nicht so besonders ist, versteckt sich bei Interviews noch Sara mit einem Smartphone, um das Gesprochene extra mit aufzunehmen. Aus dem Material will das Doku-Team ein Video schneiden, das dann auch für den Wien-Energie-Bewerb eingereicht wird.
Und so freuen sich vor allem die Lehrkräfte, dass „Power Up!“ der Anstoß für ein fächerübergreifendes Projekt ist, in dem die Jugendlichen sehr selbstständig lernen und arbeiten - und das voller Freude.
Nun auch mit schauTV-Beitrag
gedreht von Carlo Toffolo