Aus der Insta-Welt ins Real-Life-Klassenzimmer
Von Heinz Wagner
Als würde sie aus dem Screen springen, vor allem dem eines Smartphones. Und PAMM da ist sie. Live, voll echt 3D. Mega-nice und voll krass – die Influencerin aus dem Insta-Channel: lockig, ein bisschen überschminkt – wie eben alle, die bewusst vor der Kamera stehen -, coole Klamotten, die schon zitierten und viele weitere Floskeln purzeln über ihre Lippen - die stylishe Influencerin CC. Hernieder gekommen aus den unendlichen Weiten des WWW, konkret eines Instagram-Profils. Diesmal gelandet in der Neuen Mittelschule Krieglach (Steiermark). Weitere Klassen in der Steiermark werden im Mai in den Genuss dieses Besuchs kommen, eines echt megacoolen fetten Events – um sich ein bisschen in dieser Sprache zu versuchen ;)
Virtuell und analog
Auf Instagram tritt CC tatsächlich auf – lebendig tourt sie im Rahmen eines Klassenzimmerstücks des Grazer Jugendtheaters Next Liberty durch Schulen. Beim KiKu-Lokalaugenschein in der 4. Klasse der Neuen Mittelschule Krieglach hat Amelie Baue, so der Name der Schauspielerin im real life, die Jugendlichen innerhalb von wenigen Sekunden in den Bann gezogen. Sie spricht die irgendwie doch künstlich wirkende, bewusst mit vielen englischen Begriffen gespickte Sprache der YouTube-, Insta-, usw.-Stars in einer Art, wie sie genau die „echten“ Influencer dieser Plattformen tun: Super nice, voll krass, was neues Freshes, brainfuck, krass empowered, die innere Voice, appriciaten und die Aufforderung zu liken sowieso.
Im Stil von Bibi's und anderen Beauty-Palaces startet sie mit einem Video eines Live-Hacks – Popcorn mit einem Glätteisen hergestellt. Der Einfachheit halber lässt sie dann aber eine Packung aufgepoppter Maiskörner aus dem Supermarkt reihum geben.
Mädchen so, Jungs anders, oder?
Wie manch andere Influencers findet CC irgendwann Beauty- und andere Lifestyle-Splitter schal, unbefriedigend, will was Neues, Freshes machen, „aber echt nicht so leicht, weil es da draußen schon alles gibt“ – eine krasse Challenge sozusagen. Nun nähert sie sich noch mehr der Welt der Jugendlichen – sie erzählt von einer Situation in ihrer Schulzeit, an die sie sich erinnert, als ihr ein Lehrer verklickern wollte, sie könne das eh nicht – und das nur, weil sie ein Mädchen ist.
Und jetzt ist sie auf der Schiene zu ihrem, zum eigentlichen Thema des Stücks, das – natürlich nicht zufällig - doppeldeutig „mit Rollen spielen“ heißt.
Apropos Schienen – von einer kurzen Sequenz BeatBoxing geht Amelie Bauer alias CC über zu Zuggeräuschen, teil die Klasse in zwei Hälften: Mädchen vs Buben – die sollen nur aus ihrer „Fenster“-Seite schauen – woran sich manche sehr strikt halten. Nun spielt sie parallele Situationen links und rechts, einmal in der Rolle einer Frau, einmal in der eines Mannes – jeweils gängige Klischees übertreiben und damit zugespitzt. Bis zur irgendwann unerlässlichen Notbremsung des Gender-Express. Shit, dieses Eingeengt-Sein auf zugeschriebenes Rollenverhalten.
Das neeeeervt...
Gemeinsam erzählen die Jugendlichen in der Folge von sie durchaus nervenden Sprüchen und gar einschränkenden Verhaltensweisen: Ein Mädchen, das von den Buben vom Fußballspielen ausgeschlossen werden soll, Buben, die nicht weinen dürfen … - Bullshit, wie CC vor allem durch ein Treffen mit Yaddle, einer Art weiblichem Gegenstück zum Yoda aus dem Star-Wars-Imperium, im Grazer Stadtpark bestärkt wird. Yaddle gibt ihr einen Werkzeugkoffer mit auf den Weg. Den packt CC für die Jugendlichen aus – eine Rolle Klopapier fürs Aufwischen solchen stinkenden Bull-Shits. Eine der Schülerinnen greift zu Nagel und Hammer – ebenfalls im Werkzeugkoffer – um mit einem Wollfaden die Klopapier-Rolle im Klassenzimmer aufzuhängen. Die bleibt – für künftig abgesonderten Gender-Bullshit: Erkennen – benennen – beseitigen! Ist der Spruch dazu.
Es geht – online - weiter
Achja, gegen Ende ersucht die Schauspielerin die Jugendlichen auf ihren SmartPhones Bilder zu suchen, die Rollenklischees anschaulich in Frage stellen und ihr auf ihren Channel zu posten. Womit alle viel Spaß haben – wahrscheinlich/hoffentlich nicht nur in dieser Doppelstunde ;)
Infos auf der Next-Liberty-Homepager