Kreuzband gerissen: Wie rasch muss es operiert werden?
Der Unfallchirurg Univ.-Prof. Christian Gäbler ist Kniespezialist im Sportambulatorium Wien – Zentrum für Orthopädie und Sporttraumatologie.
Muss ein gerissenes Kreuzband sofort operiert werden?
Beim sportlichen Patienten sollte die Kreuzbandoperation so rasch als möglich erfolgen, um die Rekonvaleszenzzeit möglichst kurz zu halten. Ich sehe aber immer wieder Patienten, denen z.B. am Skiort mitgeteilt wurde, dass man einen Kreuzbandriss innerhalb von 24 Stunden operieren müsste, da es sonst zu massiven Problemen kommen könne, das Knie schlimmstenfalls steif werde. Das ist falsch. Aktuelle Studien zeigen klar, dass eine Kreuzband-OP innerhalb von 7-10 Tagen nach Verletzung sinnvoll ist. Sollten Sie sich zu einer akuten Operation gedrängt fühlen, empfehle ich Ihnen, rasch einen Termin bei Ihrem Vertrauensarzt zu Hause zu vereinbaren.
Mein Knie schmerzt nach einer Verletzung und ist geschwollen, im Röntgen aber ist nichts zu erkennen. Was tun?
Dann ist neben der klinische Untersuchung unbedingt auch eine MRT-Untersuchung erforderlich. Diese sollte so rasch als möglich erfolgen. Verletzungen des Kreuzbandes oder des Meniskus sind nur im MRT zu sehen und eine zügige Abklärung ist wichtig. Denn sollte das Kreuzband tatsächlich verletzt sein, hat man eben ein knappes Zeitfenster von 7 - 10 Tagen, in dem die sofortige Operation möglich ist.
Muss man ein gerissenes Kreuzband überhaupt operieren?
Wenn man kaum Sport betreibt, vor allem keinen kniebelastenden wie Fussball, Tennis oder Skifahren, kann man in den meisten Fällen das Knie durch Physiotherapie so gut stabilisieren, dass eine OP nicht erforderlich ist. Aber alle großen Studien zeigen, dass Sportler, die Stop-and-Go Sportarten betreiben (z. B. Ballsport, Laufen, oder Bergwandern) eine deutlich frühzeitigere Abnützung haben, wenn sie sich das gerissene Kreuzband nicht operieren lassen. Das sind dann oft Sportler, denen ich schon mit 40 Jahren eine Knieprothese einsetzen muss, weil das Knie kaputt ist. Da ist eine primäre Kreuzbandoperation definitiv das kleinere Übel. Hier gibt es im wesentlichen drei Techniken:
1. Wenn das Kreuzband ganz oben in seiner Verankerung ausgerissen ist (ca. 10-20 % der Fälle, häufiger bei Kindern und Jugendlichen), kann es mit speziellen Dübelbolzen wieder refixiert werden. Diese Methode hat den Vorteil, dass sie wesentlich schonender ist, weil das Kreuzband mit all seinen Rezeptoren erhalten bleibt und keine Sehnen im Körper entnommen werden müssen.
2. Wenn das Kreuzband völlig zerrissen ist, muss es mit einer körpereigenen Sehne (meist von der Oberschenkelinnenseite) ersetzt werden. Die schonendste Methode hier ist die all-inside-Technik.
3. Sollten schon mehrmals Kreuzbandoperationen erforderlich gewesen sein, kann auch ein Fremdtransplantat eingesetzt werden. Von Kunststofftransplantaten raten die Fachgesellschaften generell ab.