Wissen/Gesundheit

Größere Babys: Geburten sind je nach Land unterschiedlich schwer

Wie häufig Kaiserschnitte sind und wie leicht oder schwer Geburten verlaufen, hängt davon ab, wo sie stattfinden. Das zeigt eine aktuelle Untersuchung der Universität Wien. Demnach haben die verbesserten Lebensbedingungen der vergangenen 100 Jahre sowie eine Größenzunahme der Menschen Auswirkungen auf den Geburtsverlauf. "Nachdem der Fötus gegenüber der Mutter eine Generation voraus ist, erfährt dieser im Schnitt noch bessere Umweltbedingungen als die Mutter", erklärt Evolutionsbiologe Philipp Mitteröcker.

Heißt: Der Fötus ist im Durchschnitt überproportional groß – und damit größer als die optimalen Dimensionen für den mütterlichen Geburtskanal. Allerdings ist das nicht in allen Ländern gleich.

Größe beeinflusst Kaiserschnittrate

In vielen Industrieländern ist die Zunahme von Körpergröße und Geburtsgewicht bereits abgeflacht. In vielen afrikanischen Ländern haben Größe und Gewicht seit den 1970er Jahren sogar kontinuierlich abgenommen. "Wir haben daher die Hypothese aufgestellt, dass die umweltbedingte Veränderung der Körpergröße während der letzten Jahrzehnte die aktuelle Kaiserschnittrate eines Landes beeinflusst", so Mitteröcker.

Anhand der aktuellen Analysen konnten er und sein Team diesen Zusammenhang nachweisen: Selbst unabhängig von Unterschieden in ökonomischer Entwicklung, Gesundheitssystem und medizinischen Risikofaktoren, erklärt die durchschnittliche Veränderung der Körpergröße von 1971 bis 1996 etwa ein Drittel der globalen Unterschiede in der aktuellen Kaiserschnittrate.

Eine durchschnittliche Körpergrößenzunahme von einem Millimeter pro Jahr, wie sie in vielen Ländern typisch für das 19. und 20. Jahrhundert war und wie sie auch heute noch in vielen Schwellenländern auftritt, erhöht die Kaiserschnittrate im Schnitt um ca. zehn Prozent.

Österreich: Jede dritte Geburt per Kaiserschnitt

In Österreich kommt jedes dritte Kind per Kaiserschnitt auf die Welt. Laut Weltgesundheitsorganisation WHO ist die "ideale Kaiserschnittrate" jedoch zehn bis 15 Prozent. Weltweit variieren die Raten enorm: von nur wenigen Prozent in den meisten afrikanischen Ländern südlich der Sahara bis zu 50 Prozent in Ägypten, Türkei und Brasilien.

In Europa reichen Kaiserschnittraten von etwa 15 Prozent in skandinavischen Ländern bis zu mehr als 35 Prozent in Portugal, Rumänen und Italien. Diese Unterschiede werden meist auf sozioökonomische, rechtliche und kulturelle Ungleichheiten zurückgeführt.

Mitteröcker stellt die WHO-Empfehlung für eine globale "ideale Kaiserschnittrate" in Frage. "Menschliche Biologie und Gesundheit sind nicht statisch, sondern im Fluss, und können sich, beeinflusst durch sozioökonomische und medizinische Veränderungen, lokal unterscheiden", so Mitteröcker.