Leben/Essen & Trinken

Witzigmanns Welt: Spargel

Stichtag für den Beginn der Spargelsaison war früher der erste Maisonntag. Heute hat sich diese Grenze deutlich nach vorne verschoben – dank Bodenheizungen im Acker und internationaler Konkurrenz. Da ich dem deutschen wie dem österreichischen Spargel die Stange bzw. die Treue halte, konnte ich mich bis jetzt beherrschen. Doch seit Kurzem ist das heimische Elfenbeingemüse auf unseren Märkten wieder zu haben. Endlich!

Aufgrund seiner vielseitigen Anwendungsmöglichkeiten ist der Spargel für jeden Kreativen ein Geschenk. Ob gekocht als Cremesuppe mit pochiertem Ei und Périgord-Trüffel oder roh, hauchdünn gehobelt als Carpaccio, angemacht mit einer leichten Vinaigrette, dazu etwas luftgetrockneter Schinken – Kochen kann manchmal so einfach sein. Diesmal werde ich die Spargelzeit eröffnen mit "Gekochtem Spargel mit Brokkoli-Mus", dazu ansautierter, in Streifen geschnittener Prager Schinken, klein gehackte harte Eier und in Butter angeröstete Semmelbrösel. Mein Trick beim Spargelkochen: Ein Stück Weißbrot ins kochende Wasser. Das bindet eventuelle Bitterstoffe.

Ich persönlich mag Spargel, wenn er noch Biss hat. Klingt wie eine kulinarische Binsenweisheit, musste sich aber erst rumsprechen. In den 1970ern habe ich Friedrich Karl Flick im Restaurant Tantris dieses königliche Gemüse einmal "al dente" serviert. Das war der deutsch-österreichische Unternehmer nicht gewohnt. Über den Kellner ließ er mir ausrichten: "Der Spargel war zu hart; und sagen sie dem Herrn Witzigmann einen schönen Gruß, ich muss nicht zum Zug." Ja, die Deutschen standen lange nicht im Ruf, Spargelkenner zu sein. Während meiner Zeit als Jungkoch bei Paul Bocuse kam ein Teller zurück, auf dem noch sämtliche Spargelspitzen lagen. Der große Meister schüttelte den Kopf: "Skandal! Das war sicher ein Deutscher." Er hatte recht. In diesem Augenblick war ich noch ein bisschen glücklicher als sonst, ein Österreicher zu sein.

eckart.witzigmann(at)kurier.at

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