Witzigmanns Welt: Portulak
Obwohl die Eisheiligen noch nicht da waren, bepflanze ich seit Kurzem meinen Balkon. Besonders viel Aufmerksamkeit bekommt dabei mein Kräutergarten. Nur leider, leider weiß ich jetzt schon: Wie sehr ich mich auch anstrenge – so schön gedeihen wie die wild wachsenden Küchenkräuter auf Kreta werden meine "Herbes de Balkon" nie.
Als ich vor Jahren für mein Kreta-Kochbuch auf der Sonneninsel recherchiert habe, bin ich überrascht gewesen, wie üppig dort Rosmarin, Thymian, Oregano & Co wuchern. Die Kreter müssen im Grunde nur die Hand aus dem Küchenfenster strecken und schon haben sie einen herrlich duftenden Strauß unterschiedlichster Wildkräuter.
Auf Kreta habe ich auch eine Pflanze wiederentdeckt, die meine Mutter früher als "Burzelkraut" bezeichnet hat: Portulak, auch Glistrida genannt. Wie die meisten Kräuter diente auch der Portulak in der Antike den alten Griechen ausschließlich als Medizin. Heute schätzt man diese köstliche Fettsalatpflanze vorwiegend ihres feinen Aromas wegen. Die gesundheitliche Wirkung ist dennoch nicht zu verachten. So weiß man inzwischen, dass Portulak einen hohen Gehalt an der lebensnotwendigen Folsäure aufweist und zudem LDL-Cholesterin senkenden Einfluss hat.
Die Kreter machen dieses Kraut solo oder in Kombination mit anderen Blattsalaten mit Essig und Öl an. Sehr schön ebenfalls: lauwarmer Rote-Bete-Salat mit Portulak und Joghurt-Dressing. Vielseitig einsetzbar ist der Portulak auch als Creme. Diese kann man unter Nudeln mischen, als Dip zu rohem Gemüse oder zu gekochtem Rindfleisch reichen.
Obwohl der unscheinbare Portulak 1993 weltweit als achthäufigste Pflanzenart gezählt wurde, muss man auf unseren Märkten nach dem sattgrünen, fleischigen Kraut suchen oder gezielt beim Händler bestellen. Aber wer weiß – vielleicht schafft es der Portulak ja noch, eine ähnliche Karriere zu machen wie Rucola oder Bärlauch.
eckart.witzigmann(at)kurier.at