Leben/Essen & Trinken

Witzigmanns Welt: Lauch

Spargel hat derzeit Hochkonjunktur. Aber ich werde Ihnen heute weder etwas vom weißen noch vom grünen Spargel erzählen. Nein, heute verrate ich Ihnen etwas vom "Spargel der armen Leute" - besser bekannt als Lauch oder Porree.

Das zu Beginn des Jahres geerntete Gemüse ist dunkelgrün und etwas dicker. Der Sommerlauch hingegen ist hellgrün und schlank. Frühe Sorten zeichnen sich durch ein milderes Aroma aus. Zusammen mit der Zwiebel gilt Lauch als das älteste bekannte Gemüse, das man bewusst gezüchtet hat. Im alten Ägypten schrieb man ihm Kraft bringende Wirkung zu. Deshalb mussten die Sklaven beim Pyramidenbau mehr als reichlich davon essen. Und Kaiser Nero aß angeblich einmal pro Woche Lauch, um seiner Stimme besonders feurige Töne entlocken zu können. Mein Vater schätzte bei diesem nährstoffreichen Gemüse vor allem den Geschmack. Am Sonntag Beinfleisch mit Wurzelgemüse, Lauch und Ochsenmark - das war für ihn die Krönung.

Am Anfang hab ich mich nicht so dafür begeistern können, vor allem für das Ochsenmark, das heutzutage auch schon mal mit Kaviar serviert wird. Wer's mag . . . Jedenfalls wurde auch ich nach anfänglichem Widerstand schnell zum Lauchliebhaber. Die großen milderen Stangen eignen sich gut für Suppen, das schärfere, mehr zwieblige Aroma der kleineren Exemplare kommt am besten in Gratins und Gemüsebeilagen zur Geltung. Lauch harmoniert mit Nussölen. Er passt wunderbar zu deftigem Fleisch, macht aber auch in eleganter Gesellschaft eine gute Figur: Belons-Austern, Steinbutt, Trüffel, Kaninchen- oder Gänseleber.

Meine Lieblingslauchrezepte: Lauchsalat mit Knollenziest und Trüffelvinaigrette und pochiertem Ei, Linsen-Reis-Tacos mit Lauchfüllung, Frühlingsrollen mit Lauch und Graupenrisotto, Rösti von rohen Kartoffeln mit Tomme de Savoie und Lauchgemüse. Ein Klassiker ist mir mit der Kartoffelrahmsuppe mit Lauch "Na sowas!" gelungen, die ich eigens für Thomas Gottschalks gleichnamige Sendung in den Achtzigern kreierte und auch heute noch meinen Enkeln schmeckt.

Aus: freizeit-KURIER vom 08. 05. 2010
Eckart Witzigmann widmet sich in seiner Kolumne im FREIZEIT-Kurier dem ganz (un)gewöhnlichen Küchen-Alltag.

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