Leben/Essen & Trinken

Regionale Küche als Erfolgsrezept

Es gibt einen Unterschied zwischen Wirtshaus und Gasthaus. Er liegt darin, dass in einem Wirtshaus der Wirt das Sagen hat, in einem Gasthaus der Gast. "Ja, so würde ich das auch sehen", meint Josef Lentsch, Chef des Gasthauses zur Dankbarkeit im burgenländischen Podersdorf. Ganz so ist es dann doch nicht. "Josef hat hier schon das Sagen, wie sein Vater und Großvater", berichtet der 75-jährige Josef Steiner, der seit 60 Jahren Stammgast ist. "Aber das ist sein gutes Recht und das ist auch gut so." Der Stammtisch von Steiner und seinen Freunden ist jeden Sonntag bis 13 Uhr reserviert. Auf ein Glas Wein komme er auch während der Woche, "weil es hier so angenehm ist". Und "der Josef" mache keinen Unterschied zwischen "uns, den Podersdorfern, und den Reichen aus Wien."

Ein Gasthaus, das schwer zu beurteilen ist, weil es so einfach ist. Hier gibt es keine Schnörkel, keine aufgestellten Kandelaber, die Atmosphäre vermitteln sollen. Nein, hier gibt es saubere, weiße Tischtücher. Parkettböden wie anno dazumal in einer Volksschule. Keine zerkratzten Gläser, dafür freundliche Bedienung. Vergangenen Freitagvormittag haben an die 15 Gäste reserviert. Sohn Markus ist weniger gesprächsbereit: "Ich bin im Stress". Verständlich. Vater Josef lässt sich nicht aus der Ruhe bringen. Seit mehr als 30 Jahren ist der 54-Jährige "im Geschäft".

Eine Haube hat das Gasthaus zur Dankbarkeit. Seit ewigen Zeiten. Nur einmal – in den 2000-er Jahren – gab es eine Auszeit. Ein Gastrokritiker hielt eine Haube damals für ungerechtfertigt, weil sich im Gastgarten Radfahrer labten. Und die würden einen nicht adäquaten Geruch für Besucher eines Haubenlokals verbreiten. Somit war die Haube verloren. "Aber wir hatten damals bereits einen so guten Ruf, dass wir ohne Haube den Umsatz um zehn Prozent steigern konnten." Das ist Schnee von gestern, sagt Lentsch. "Damals hat mich das schon gewurmt, weil ich all meinen Gästen etwas bieten will, ob sie mit dem Rad oder mit teuren Autos kommen."

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"Natürlich" gäbe es manchmal Gäste, die unangenehm sein können. Aber Lentsch lässt sich nicht unterkriegen: "Dann geh’ ich in den Keller, genehmige mir eine Fassprobe, leg‘ mir eine CD vom Ostbahnkurti auf und die Seele baumelt wieder." Oder er denkt an den Hl. Franziskus, dem er sich verbunden fühlt. Ein Mal im Jahr fährt er nach Assisi. "Das tut gut."

Bodenständig

Das Gasthaus zur Dankbarkeit ist dafür bekannt, dass es seit Jahren auf regionale Produkte setzt. "Man muss sich mit den Menschen, die hier leben, und ihren Produkten, identifizieren. Man muss dafür offen sein. Und dann bleibt man auch auf dem Teppich." Garnelen, "die machen wir uns selber, weil wir sie gerne essen", gibt es nicht auf der Speisekarte. Aber dafür die einmalige jüdische Hühnerleber. Die ist ein Original-Rezept von den Mattersburger und Eisenstädter Juden. Bei den Fischen tue man sich zeitweise schwer, weil es zu wenige gibt. Dann holt man sie aus Oberösterreich, aber aus keinen Züchtungen.

Seit 18 Jahren schaukelt Josef Roiss die Küche. Nicht schlecht. "Unser Küchenchef weiß, wie er mit den schönen Produkten der regionalen Landwirtschaft am besten umgeht." Als Nachfahre eines Podersdorfer Fassbinders, Winzers und Wirts sowie einer Weinviertler Weinbäuerin habe er sozusagen ein ererbtes Gespür für die authentischen Aromen des Landstrichs. "Einen Hang zur handwerklichen Perfektion hat er auch, was sich sehr angenehm verbindet", sagt Lentsch.

An eine Pensionierung denkt Josef Lentsch "überhaupt" nicht :"Ich würde gerne 99 Jahre alt werden und bis 98 arbeiten."

http://www.dankbarkeit.at