Die Whisky-Rebellion von Kentucky
Kentucky ist Heimat von etwa 95 Prozent der weltweiten Bourbon-Produktion. Normalerweise geht es bei der Herstellung des über Jahre in Fässern aus angekohlter Weißeiche gelagerten Whiskys recht unspektakulär zu. Doch plötzlich herrscht Ausnahmezustand.
Es geht nicht ums Geld, sondern um "Mangel an Respekt" und "Work-Life-Balance": Seit sechs Tagen werden zwei Bourbon-Destillerien des Whisky-Herstellers Jim Beam im US-Bundesstaat Kentucky bestreikt. Rund 250 Angestellte hatten die Arbeit niedergelegt, nachdem monatelange Vertragsverhandlungen zwischen dem Unternehmen und der lokalen Gewerkschaft keine Einigung brachten. Über ein neues Angebot soll an diesem Freitag abgestimmt werden.
Jim Beam, nach Branchenführer Jack Daniels aus Tennessee eine der meistverkauften Whisky-Marken weltweit, gibt sich gerne als gemütliches Traditionsunternehmen. "Die Beam-Familie hat eine lange Geschichte, die Dinge auf ihre eigene Art zu machen", heißt es in der folkloristischen TV-Werbung mit Hollywood-Star Mila Kunis. Es wird der Eindruck vermittelt, als gehe es bei der Bourbon-Produktion noch genauso gemächlich zu, wie vor über zwei Jahrhunderten.
Deutscher Einwanderer gründete die weltbekannte Marke
Seit Beginn der Firmengeschichte im Jahr 1795 ist viel passiert. Damals begann Johannes Jakob Böhm, ein Sohn deutscher Einwanderer, der sich später in Jacob Beam umbenannte, in Clermont mit der Bourbon-Herstellung. Generationen von Beams machten das Getränk weltberühmt. 2014 wurde das Unternehmen für 13,6 Mrd. Dollar (aktuell 12,4 Mrd. Euro) vom japanischen Whisky-Riesen Suntory geschluckt. Der Deal sorgte bei patriotischen US-Kunden für viel Empörung. Auch auf die Firmenkultur wirkte sich die Übernahme aus, etwa durch einheitliche Arbeitskleidung - in Japan normal, in Kentucky nicht.
Ins klassische Schema eines Traditionsunternehmens, das von einem Großkonzern ausgepresst wird, passt der Fall aber nicht. "Das Geld ist nicht, worüber wir unglücklich sind", erklärt Gewerkschafterin Mudd. Vollzeitkräften seien im Schnitt 23 Dollar pro Stunde angeboten worden. Der Mindestlohn in Kentucky liegt bei 7,25 Dollar. Doch die Arbeitsbelastung bringe die Angestellten ans Limit, so Mudd. Zum Teil seien Zwölfstundenschichten an sechs oder sieben Wochentagen Usus. "Alle von uns arbeiten hart und haben ein besseres Leben verdient."
Geschäft boom, trotz Streik keine Produktionsengpässe
Produktionsengpässe dürfte es zwar nicht geben, da mögliche Ausfälle durch den Streik über die Destillerien in Frankfort und Loretto kompensiert werden können. Eine langwierige Auseinandersetzung um die Arbeitsbedingungen kann Beam Suntory aber trotzdem gar nicht gebrauchen. Denn das Geschäft boomt - in den USA haben die Verkäufe von Bourbon- und Tennessee-Whisky dem Branchenverband Distilled Spirits Council zufolge von 2010 bis 2015 um 32 Prozent zugenommen. 95 Prozent der weltweiten Bourbon-Produktion stammt aus Kentucky.