Vom Riley bis zum Porsche, Männer über ihre Liebe zu Oldtimern
Wenn der Himmel blau ist und die Sonne scheint, schlüpft Stephan Hommel in seine Schmalspur-Sneakers, schnappt seinen Hund, geht zur Garage, springt in seinen offenen Rennwagen und startet durch. Egal, ob ein paar Runden durch die City oder am Land um einen See, wenn der Fahrtwind durch die Mini-Windschutzscheibe des Rileys ein bisschen gemindert wird und er die vier Gänge hoch- und runterschalten kann, ist er glücklich. Und frei. Das Leben kann schön sein.
„Mit solchen Autos deckt man das Männerherz ab. Es geht um Liebe zum Analogen und um Gefühle“, bringt Hommel es auf den Punkt. „Es ist einfach unglaublich, welche Freude und welches Staunen die Autos vor allem bei Jungen hervorrufen, wenn man vorbeifährt.“ Der Sammler und Oldtimer-Experte nimmt auch ein wachsendes Interesse am altmodischen Fahrvergnügen wahr. „Viele möchten keine Steuergeräte mehr, sie wollen back to the roots, das spiegelt sich in alten Autos perfekt wider. Es gibt weder ABS noch ESP.“ Auch die Historie hinter den Oldtimern weckt Interesse – und treibt den Preis in die Höhe, wenn der Wagen eine entsprechende Renngeschichte hinter sich hat, wie sein grüner Riley Baujahr 1936. In solchen Rennwagen waren damals zwei Sitze eingebaut. Einer davon für den Mechaniker. Der musste immer dabei sein, wenn die noch nicht befestigte 15 Kilometer lange Rennstrecke über Wiesen, Felder und löchrige Landstraßen führte, um sofort Hilfe zu leisten, wenn es ein Problem gab.
Auch die Kühlerfigur, ursprünglich eine Lady auf Skiern, war früher State of the Art. „Aber als Hundebesitzer habe ich natürlich einen Hund darauf montiert.“ Auch sonst hat der 1936er-Bolide eine Eigenheit, die zu ungläubigem Kopfschütteln bei den Mechanikern führt: Es gibt keine Bremsflüssigkeit bei dem Riley. Ein wichtiger Punkt, denn der Sammler will nächstes Jahr bei internationalen Oldtimer-Sportevents wie Le Mans Classic, dem Autodrome de Linas-Montlhéry, einer Rennstrecke aus den 1920er-Jahren mit berüchtigter Steilstrecke, sowie beim Goodwood Festival of Speed mitfahren.
Klar, dass so ein Wagen auch seinen Preis hat. Es gibt nur mehr wenige davon. Je nach Zustand werden Rileys ab etwa 90.000 bis 240.000 Euro bei internationalen Auktionen angeboten. Oldtimer sind gefragt, was zeigt, dass sie bis heute kulturell und wirtschaftlich von Bedeutung sind.
Wertanlage Oldtimer
Laut einer Studie im Auftrag des „Oldtimer-Guide Österreich“ beträgt der Wert historischer Fahrzeuge, die sich hierzulande im Privatbesitz befinden, etwa 3,7 Milliarden Euro. Daraus gehen 690 Millionen an jährlicher Wirtschaftsleistung hervor. Auch das Interesse an Oldtimern wächst von Jahr zu Jahr, allein eine Million Österreicher finden, dass historische Fahrzeuge kulturelles Gut sind und erhalten werden sollten. „Heute geht der Trend auch vermehrt zu Youngtimern, also Autos, die zwischen 20 und 30 Jahre alt sind“, sagt Christian Schamburek, Herausgeber des Oldtimer-Guides. „Youngtimer eignen sich perfekt zum Einstieg und werden eines Tages ja auch zu Oldtimern.“
So einen fährt Franziskus Amazonas Kriegs-Au, der sich damit einen Kindheitstraum erfüllte. „Ich mag besonders gebrauchte Ex-Millionärsautos zum Schleuderpreis. Dieser Porsche ist eher ein Boulevardcruiser als ein echter Sportwagen“, lacht der Juwelier und Schätzmeister. Sein luftgekühlter Porsche 993 4S Bj. 1998, zählt mit einem Wert von ca. 90.000 Euro zu den begehrtesten Autos am Sammlermarkt. „Der Porsche hat zwar eine Servo, die ist aber hart zu fahren“, sagt Kriegs-Au. „Das Auto wurde nur einmal lackiert, sonst ist alles original. Nur bei der Öl-Kontrolle schwitze ich manchmal, denn die muss man bei laufendem Motor machen. Da ist immer ein bissl Angst dabei.“ Der Porsche war eine deutsche Erstauslieferung, hat einen berühmten Vorbesitzer und befand sich die meiste Zeit auf Mallorca, in der Hand eines bekannten Musikers. „Ich habe das Auto erst seit zwei Monaten, aber es macht so Spaß, obwohl die neuen Porsches viel besser zu fahren sind.“
Autoquartett & Art-Car
94 Prozent der typischen Oldtimer-Fahrer sind Männer, die sich freuen, endlich einmal ein Auto aus dem Autoquartett zu besitzen. Und damit auch herumkurven zu dürfen. 83 Prozent aller historischen Fahrzeuge sind auch für den Straßenverkehr zugelassen.
So wie der Ford Mustang Mach 1 Bj. 69 von Roman Dorn. Er muss dank 3-Gang-Automatik nur aufs Gas steigen, das Kultauto erfüllt auch sonst jedes Merkmal, in das sich Männer verlieben: Aussehen, Status und Nimbus. „Ich bin Zweitbesitzer, der Erste war ein Fordhändler in den USA, der es jahrelang unbenützt in seiner Garage stehen hatte. Es ist unrestauriert, hat nur 23.000 Meilen auf dem Tacho“, erzählt der Unternehmer, der ein Exemplar der ersten Mustang-Generation weltweit suchen ließ. „Ich habe ihn erst seit sechs Monaten. Mir hat daran die Form mit der kantigen Linienführung am besten gefallen. Außerdem war das ja das Auto von John Wick im gleichnamigen Film“. Ein Auto, auch bekannt aus dem Film „Bullitt“ mit Steve McQueen, für das so manche über Leichen gehen würden, und das jetzt sogar von der US Autoschmiede Classic Recreations nachgebaut werden darf – um etwa 156.000 Euro. „Ich habe mit meiner Freundin den Film gesehen und wollte diesen Sommer mit so einem Mustang einen Roadtrip machen. Weil aber das Auto so lange nicht bewegt wurde, und die Reparatur länger dauerte, da die New-Old-Stock-Ersatzteile aus den USA kamen, wurde heuer leider nichts daraus“, sagt Dorn. „Aber wenn ich mit dem Mustang fahre, erzeugt das ein positives Gefühl, und Freude bei allen, die es sehen. Es ist ein maskulines Auto“. Jetzt überlegt er schon wieder, den Mustang zu verkaufen und auf einen anderen Oldtimer umzusteigen. Wegen des Fahrgefühls. „Ich hätte gerne einen Porsche Baujahr 1986, weil aus der Emotion heraus ist er wieder was ganz Neues.“
Regeln brechen, einmal etwas anders machen: Oldtimer-Besitzern geht es zwar meist um Fahrgefühl und das Image bei Frauen, aber manchmal auch um eine Botschaft. So sorgte der junge Wiener Künstler und Nitsch-Schüler Philip Mueller mit dem Jaguar XJS Youngster für ein zeitgemäßes Statement zum Fahrspaß. Er bemalte den britischen Grand Turismo aus dem Jahr 1990 außen und innen mit künstlerischen Motiven eines erfundenen Anti-Edens namens Beach Resort Tiberio, Tibe Beach, in dem 24/7 Autorennen stattfinden. Damit will er auf unsere Öl-Ressourcen aufmerksam machen. Erstbesitzer des Oldtimers war übrigens ein Araber. Ein Modell, das spätestens seit dem Jim Jarmusch-Film „Only Lovers Left Alive“ zum Kultauto wurde.
Autofans sollten sich schon jetzt ein Datum notieren: Die nächste „Oldtimermesse Tulln“ findet am 14. und 15. Mai 2022 statt.