Leben

Als ich einmal beinahe die Rax erstiegen hätte

Dies ist die schöne, traurige und lehrreiche Geschichte, wie ich beinahe die Rax erstiegen hätte. Sie ist so schön und traurig und lehrreich, dass sie in manchen Gegenden des nördlichen Albaniens in Winternächten mit verteilten Rollen erzählt wird.

Alles war bestens vorbereitet. Den Buchplan „Wiener Hausberge“ fand ich auf dem Boden des Kellerabteils. Die Bergschuhe lagen in einem Plastiksackerl unter dem Vordersitz des Autos meiner Freundin, den Rucksack fand ich nicht, also borgte ich mir den meiner Exfrau aus. Eine Kolumne hatte ich vorgeschrieben, die Dogge war auf Sommerfrische bei Collie Nicky.

Die Raxbesteigung – immer durchs Große Höllental – hat in meiner Familie Tradition. Als Jugendlicher ging ich dort mit meinem Vater hinauf, einmal begleitete uns sogar Schäferhund Bessie über die Leitern des Alpenvereins-Steigs. Später ging ich dann mit meiner Frau. Wichtig waren dabei die Rituale: Die Wegzehrung musste aus Wachauerlaberln mit Käsewurst und Gurkerl bestehen, erstanden in Reichenau. Und oben auf dem Otto-Haus gab es stets Bratwurst, Bier, Obstler und eine Zigarette.

Diesmal würde ich allein gehen müssen. Mein Sohn bekam einen Lachkrampf, als ich ihn fragte, ob er mitkomme, meine Tochter sah mich leer an, meine Freundin murmelte etwas von „nicht schwindelfrei“. Am Vortag ging ich um 22 Uhr schlafen, lag dann bis zwei, also meiner üblichen Schlafenszeit, wach, dann begann das schicke, neue Terrassendach des Nachbarn brüllend laut im Wind zu schlagen. Um sechs Uhr wollte ich aufstehen, um zehn vor sechs schlief ich tief ein und erwachte am Nachmittag. Deshalb war ich doch nicht auf der Rax. Ich erstand beim Billa als Frühstück ein Käsewurstweckerl und putzte die Wohnung, aber es war irgendwie nicht das Gleiche.