Leben

Wenn die Speisekarten stinken

Wenn es Ihnen Recht ist, mache ich meine Bärlauchkolumne heuer ein wenig früher, dann wird es auch schneller Frühling. (Eine sehr liebe Leserin, die meine Verhaltenselastizitäten inzwischen besser kennt als ich selbst, hat ja die Theorie, dass der Frühling immer an dem Tag beginnt, an dem ich meine alljährliche Predigt wider den Bärlauch gehalten habe.)

Also: Der Bärlauch ist, um einen Fernsehkoch zu zitieren, die Pest auf den Speisekarten. Das Problem: Anders als andere Kräuter und Gewürze ordnet sich der Bärlauch keinem anderen Aroma unter. Huhn mit Rosmarin schmeckt nach Huhn mit Rosmarin. Huhn mit Bärlauch schmeckt nur nach Bärlauch. Beim Salz ist es sogar so, dass alles, was nicht mit Salz in Berührung kam, schmerzhaft nach dessen Abwesenheit schmeckt. Also eine Suppe ohne Salz schmeckt nicht nach Suppe, sondern nach ohne Salz. Nichts aber schmeckt nach ohne Bärlauch. Beim Bärlauch schmeckt man immer nur seine Anwesenheit – fehlen (im Sinne von: mit ihm wäre alles besser) tut er nie.

Er kann ja nichts dafür. Früher tat er friedlich das, wozu er erfunden wurde: Er stand im Wald herum und stank. Die Bauern mussten nur aufpassen, dass die Kühe ihn nicht fraßen, sonst wurde die Milch ungenießbar. Heute aber regieren die Baumumarmer. Sie laufen in den Wald, reißen den Gestank aus dem Boden, füllen den Gestank in Behältnisse, tragen den Gestank nach Hause und schütten den Gestank über alles Essbare. Es gibt jetzt bis Mai keine bärlauchfreie Speisekarte mehr. Einmal scherzte ich zum Abschluss der alljährlichen Antibärlauchkolumne über Bärlaucheis, das es zum Glück noch nicht gebe, und zwei Wochen später wurde es erfunden. Weswegen ich mir jetzt den geplanten Schlussgag mit Bärlauchcola, Bärlauchwein und Bärlauchsachertorte erspare.

Guido Tartarottis neues Kabarettprogramm „Urlaubsfotos (keine Diashow)“: 13. und 14. März, Theater am Alsergrund.